30, 60, 150... Jobwachstum bei Sulfurcell
Produktion von Dünnschicht-Solarmodulen auf der Basis des Halbleiters Kupfer-Indium-Sulfid hat begonnen
Sulfurcell-Geschäftsführer Nikolaus Meyer zur Entwicklung von Sulfurcell in Adlershof: "Wir planen, in 2007 neben der bisherigen Pilotproduktion eine zweite Produktionslinie aufzubauen. Gegenwärtig hat Sulfurcell 30 fest angestellte Mitarbeiter. Ende 2006, zum Vollbetrieb der Pilotproduktion, werden es dann 60 sein. Für die nächste Phase brauchen wir ein Investitionsvolumen von weit über 50 Millionen Euro. Mit dieser zweiten Linie würden dann noch einmal über 150 weitere Arbeitsplätze in Adlershof entstehen. Im Jahre 2008 könnte das der Fall sein. Aber den Startschuß für diese zweite Linie werden wir erst geben, wenn der Pilotbetrieb reibungslos funktioniert. Die Finanzierung halte ich nicht für das große Problem. Der Solarmarkt entwickelt sich zur Zeit sehr gut und bietet damit auch aussichtsreiche Rendite-Chancen für engagierte Investoren."
Sulfurcell ist in zweierlei Hinsicht modellgebend für die Berliner Wissenswirtschaft:
1. Der erfolgreiche Transfer einer wissenschaftlichen Entdeckung in eine wirtschaftliche Anwendung. Wichtig dabei: Auch das Forschungsinstitut HMI stand voll dahinter.
2. Die Orientierung auf den Produktionsprozess. (*) Der Erfolg der Dünnschicht-Technologie wird auf den Kostenvorteilen ihrer Herstell-Verfahren beruhen. Sulfurcell entwickelt diese industrielle Prozesstechnologie.
Durch diese Kombination von Forschungstransfer und industrieller Produktion ist Sulfurcell zugleich ein Prototyp für die wissensbasierte Re-Industrialisierung Berlins, die in den 90er Jahren - weithin unbeachtet unter den Einsturzschwaden der Alt-Industrien - eingesetzt hat.
Für den Standort Adlershof bedeutet Sulfurcell den Übergang von der Forschungs-Manufaktur mit der Fertigung singulärer Apparate hin zur industriellen Produktionsweise, die große Märkte versorgen kann.
Nicht planbar war die Entwicklung des Gesamtmarktes mit dem Aufschwung der Erneuerbaren Energien in Deutschland (durch staatlichen Anschub, EEG) und die Silizium-Krise als eigenes Branchen-Phänomen.
Beachtung verdient auch die gelungene Finanz-Kombination am Anfang (15 Mio), die verschiedene öffentliche und private Quellen kombiniert hat, was aber ziemlich viel Zeit (3 Jahre) kostete. Für die nächste Phase ist eine derartige Kombi-Finanzierung eher unwahrscheinlich.
Nicht angesprochen ist hier die zentrale Engstelle für die Berliner Wissenwirtschaft: das Humankapital. Wo kommen die 200 neuen Leute her, die Sulfurcell in den nächsten zwei Jahren benötigt? Werden sie heute schon ausgebildet und qualifiziert in Berlin? Von wem, in welchen Berufen? Wie handelt hier der Staat als Bildungs-Monopolist (im Dualen System der Berufsbildung ist allerdings die Wirtschaft mit dabei) ? Wer kümmert sich um die Qualitätssicherung für diese Zukunftsressource? Nebenbei: Hier wären auch die Gewerkschaften stärker als bisher gefordert.
Separat zu erörtern wäre dann noch die Berliner Innovationspolitik. Die Umwelttechnik ist keines der definierten Technologie-Kompetenzfelder Berlins, trotzdem besitzt Berlin in Forschung und Wirtschaft eine gute und entwicklungsfähige Umwelt-Kompetenz. Brauchen wir überhaupt die Cluster-Politik oder ist sie für das reale Wirtschaftsgeschehen eher irrelevant?
Autor: Manfred Ronzheimer
Quelle: berlinews.de