Adlershofer Hi-Tec startet mit Satellit Alphasat
FBH liefert Galliumnitrid-Hochleistungstransistoren
Wenn Mitte 2012 der Kommunikationssatellit Alphasat in eine geostationäre Umlaufbahn geschossen wird, ist auch ein Stück Hightech aus dem Ferdinand-Braun-Institut mit an Bord. Die Europäische Raumfahrtorganisation ESA wählte das Leibniz-Institut als Lieferanten für Galliumnitrid-Hochleistungstransistoren aus.
Alphasat ist ein Prestigeprojekt der ESA und wird nach seinem Start vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana einer der modernsten Telekommunikationssatelliten im All sein. Realisiert wird der 6,5 Tonnen schwere Satellit durch zahlreiche Zuarbeiten bedeutender Forschungseinrichtungen und Hersteller. Beteiligt sind auch Wissenschaftler des Ferdinand-Braun-Instituts, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), die gemeinsam mit Kollegen der Universität Aveiro (Portugal) ein Modul zum Test von Galliumnitrid (GaN)-Anwendungen im Weltraum entworfen und gebaut haben. GaN-Chips sind gegenüber Siliziumbauteilen besser für den Einsatz im Weltraum geeignet, da sie auf kleiner Fläche mehr Leistung bei hohen Frequenzen erzielen. Sie erlauben daher kleinere, leichtere sowie belastbarere Systeme und tolerieren zudem den Einfluss kosmischer Strahlung besser.
Für die FBH-Forscher begann die Arbeit an GaN-Transistoren für Weltraumanwendungen bereits im Jahr 2006, als sie von der ESA beauftragt wurden, unterschiedliche Hersteller von Epitaxie-Materialien auf die Qualität ihrer Produkte zu testen. „Wir bekamen damals den Zuschlag für ein GaN-Benchmarking-Projekt von der ESA, weil wir über jahrelange Erfahrung mit dem Material verfügen und einen stabilen, vergleichbaren Prozess zur Weiterverarbeitung vorweisen konnten“, sagt Joachim Würfl, Leiter des Geschäftsbereichs GaN-Elektronik.
Die getesteten Wafer von acht Firmen bestanden aus Siliziumcarbid und mehreren Funktionsschichten aus Galliumnitrid. Die FBH-Forscher bauten auf allen gelieferten Proben Transistoren mit 12 unterschiedlichen Maskenebenen auf. Anschließend wurden sie optisch und elektronisch vermessen und charakterisiert. „Wir haben dabei deutliche Unterschiede in der Qualität der Wafer festgestellt“, so Würfl. „Gleichzeitig hat das Projekt uns geholfen, unseren Bauelementprozess weiter zu stabilisieren. Wir haben gesehen, dass wir mit gutem Ausgangsmaterial sehr stabile und leistungsfähige Bauteile herstellen können.“
Dies erregte die Aufmerksamkeit der Europäischen Raumfahrtagentur, die bereits vor Abschluss des Benchmarking- Projekts anfragte, ob das FBH die GaN-Transistoren für den Einsatz im Alphasat liefern könne. Das FBH setzte dafür keine der getesteten Wafer ein, sondern realisierte alle Arbeitsschritte inklusive der Epitaxie selbst. Es sei ein großer Vorteil, wenn alle Prozesse reproduzierbar und kontrollierbar unter selbst gewählten Bedingungen abliefen, so Würfl. Es gebe weltweit nur wenige Einrichtungen, welche die komplette Fertigungskette abdecken könnten.
Für die Systemintegration stellte die ESA den Kontakt zur Universität von Aveiro und zum Systemhersteller EFACEC her. EFACEC leitet das entsprechende wissenschaftliche Payload-Experiment. Die portugiesischen Wissenschaftler integrierten die FBH-Transistoren als Schlüsselbauelemente in mehrere Mikrowellen-Oszillator-Module. Deren Kennzahlen werden im Orbit dann ständig abgefragt. Dies gibt Aufschluss über das Verhalten der GaN-Transistoren unter realen Weltraumbedingungen, da sie dort kosmischer Strahlung ausgesetzt sind.
„Dass unsere Galliumnitrid-Transistoren letztlich in einem so prestigeträchtigen Satelliten in den Weltraum fliegen, war anfangs nicht abzusehen“, rekapituliert Würfl. Obwohl die Bauteile nicht auf diese Anwendung hin optimiert wurden, haben sie alle Vorabtests der ESA problemlos bewältigt. Sie hielten Strahlung, Hitze und mechanische Belastungen aus und können den Raketenstart und den Weltraumeinsatz ohne Beeinträchtigung überstehen. Die weite Reise ins All kann für die Hochtechnologie aus dem FBH also beginnen.
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Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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