Bestleistung hat Tradition
Aus der Humboldt-Universität gingen 29 Nobelpreisträger hervor
Von Kai Ritzmann
Berliner Morgenpost, 08.01.2003
Es ist, vor dem Hintergrund der Geschichte dieser Institution, eine seltsame Debatte. Ob die Berliner Humboldt-Universität einst zu einer so genannten Elite-Hochschule heranreifen möge, ist eine Frage, die wie Hohn wirkt bei der Vergangenheit dieses Lehr- und Forschungskörpers. In den Jahren, die den Weltruf der Humboldt-Universität begründet haben, war der Begriff Elite aufs Innigste mit dem Haus verbunden.
Zu den grundlegenden Ideen der Gründungsväter, allen voran der spätere Namensgeber Wilhelm von Humboldt, zählte auch die von der allseitigen Bildung des Menschen. Als am 6. Oktober 1810 die ersten sechs Studenten immatrikuliert wurden, befand sich die Gesellschaft im Umbruch. Die Empörung gegen die napoleonische Besatzung, die Proteste gegen feudalistische Willkür bildeten ebenso die geistigen Wurzeln wie das Streben nach akademischen Bestleistungen. Die Einheit von Forschung und Lehre sollte das Nachbeten von Dogmen ersetzen. Es war ein Aufbruch, fast eine Revolution.
Zum ersten regulären Semester kamen auf 58 Lehrkräfte 247 Studenten. Ein einigermaßen traumhaftes Betreuungsverhältnis. Die Ergebnisse dieses großzügig gestalteten Betriebes ließen nicht lange auf sich warten. Insgesamt 29 Nobelpreise wurden Forschern zugesprochen, die mit der Universität verbunden waren. Unter den Ausgezeichneten waren Albert Einstein, Max Planck, Fritz Haber, Max von Laue, Gustav Hertz, Max Born, Robert Koch.
Aber auch andere große Namen holten sich an der Hochschule ihr Rüstzeug, unter ihnen Heinrich Heine, Ludwig Feuerbach, Otto von Bismarck, Karl Liebknecht, Franz Mehring, Karl Marx, Kurt Tucholsky.
Mit der Freiheit der Wissenschaften nahm es 1933 ein rapides Ende. Praktisch im Vorhof der Universität brannten am 10. Mai 1933 die Bücher - unter eifriger Mitwirkung und galligem Gejohle der Studenten. Der Exodus war fürchterlich. Die besten Köpfe kehrten ihrer geistigen Heimat den Rücken oder wurden vertrieben. Danach sollte an der Universität nichts mehr so sein, wie es einmal war. Nach 1945 blieb die ersehnte Rückbesinnung auf die liberalen Werte der Anfangsära aus. Auch die - seit 1949 Humboldt-Universität genannte - Institution wurde dem Diktat der Einheitspartei unterworfen. Als Reaktion wurde 1948 die Freie Universität gegründet.
Mit der Wiedervereinigung gelang es der Humboldt-Universität unter Schwierigkeiten, zu altem Glanz zurückzufinden. Wer heute von der Berliner Hochschule spricht, denkt unvermittelt an die Humboldt-Universität. Und wer ein besonders gutes Gedächtnis hat, wird bei der Suche nach einer Einrichtung, wo sich die Besten der Besten treffen sollen, ihren Namen wohl als ersten nennen müssen.