CHIC im Lehrmodus - Didaktisch
Charlottenburger Start-up-Teams entwickeln digitale Schulungstools für KMU, eine mobile Programmier-Lern-App und Anwendungen, die Geschichte unterwegs zum Leben erwecken
Im Bildungs- und Ausbildungsbereich schreitet die Digitalisierung voran. Treiber sind in vielen Fällen Start-ups, die Education und Technology zusammendenken und EdTech-Geschäftsmodelle daraus ableiten. Ihre Ansätze sind ebenso vielfältig wie ihre Zielgruppen. Das gilt auch für drei CHIC-Teams im Lehrmodus.
Digitale Verfahren spielen ihre Stärken oft aus, wo viele Menschen denselben Prozess durchlaufen. Im Bildungswesen ist das beinahe die Regel. Lehrende vermitteln immer neuen Lernenden Inhalte, die in vielen Fällen kaum variieren. Ob Geschichtsvermittlung bei Stadtführungen, ob jährliche Unterweisungen im Arbeits- und Datenschutz oder beim spielerischen Heranführen von Kindern und Jugendlichen ans Programmieren: Die Inhalte sind übertragbar, sofern sie didaktisch gut aufbereitet sind.
Die Beispiele sind nicht aus der Luft gegriffen. Vielmehr repräsentieren sie die Ansätze von drei CHIC-Teams, deren Geschäftsideen auf digitale Vermittlung von Wissen abzielen. Sie bringen digitale Methodik und didaktische Expertise in Stellung, um wiederkehrende Lektionen für Lehrende und Lernende einfach und angenehm zu gestalten.
Ungeliebte, aber notwendige Unterweisungen
Das ist im Fall der VINYA E-Learning GmbH nicht einfach. Denn das Team ist darauf spezialisiert, wiederkehrende Basisschulungen für IT-Sicherheit, Daten- und Arbeitsschutz in ein modulares Kursprogramm zu fügen, das Beschäftigte am Rechner erledigen können. Zugleich hilft ihre Software der Kundschaft, die gesetzlich vorgeschriebenen Unterweisungen für ihre Beschäftigten zu planen und zu dokumentieren. „Diese Schulungen sind nicht sonderlich beliebt und für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit einigem Aufwand verbunden. Aber sie helfen, Beschäftigte für Risiken zu sensibilisieren“, erklärt Sina Frenzel, die VINYA Mitte 2020 mitgegründet hat.
Das fünfköpfige VINYA-Kernteam bringt Expertise aus Wirtschaftspsychologie, Arbeitsschutz, Kommunikationsberatung, Mediendesign, Softwareentwicklung und strategischem Produktmanagement sowie einiges an Berufserfahrung mit. Als Angestellte eines Mittelständlers hatten Frenzel und ihr Mitgründer Manuel Schenk E-Learning-Lösungen für wiederkehrende Unterweisungen gesucht, aber kein überzeugendes Angebot für KMU-Bedürfnisse gefunden. In diese Lücke stoßen sie nun mit interaktiven Lernmodulen, die trockene Inhalte in einfach gehaltener Sprache mit Erklärvideos und Grafiken vermitteln. Zudem zeigt ein Ampelsystem den Unternehmen an, welche Schulungen für welche Beschäftigten anstehen.
VINYA kümmert sich vor allem um die didaktische Aufbereitung und lässt die regelmäßig aktualisierten Inhalte von Fachleuten gegenchecken. Und um auch Großkunden ansprechen zu können, rüstet das Team seine Kursmodule mit Schnittstellen zu gängigen Lernmanagementsystemen aus. Die Mittel dafür hat es anfangs durch das Berliner Startup-Stipendium erhalten. Mittlerweile ist auch ein Investitionspartner an Bord, der strategisch investiert und so manche Tür öffnet. Der Cashflow nimmt ebenfalls zu und ein Gründungsbonus von der Investitionsbank Berlin sorgt für zusätzlichen Rückenwind.
Programmieren ist Programm
Finanzierungsfragen treiben auch das Team der codary GmbH um. „Wir sind dabei, unsere Seed-Runde abzuschließen“, berichtet Antonia Schein, die das Start-up Ende 2020 mit Amanda Maiwald und Nikolaj Bewer gegründet hat. Im CHIC ist das Team bereits auf 14 Beschäftigte gewachsen. Hinzu kommen Coaches im ganzen Land, mit denen das vielfach ausgezeichnete Start-up auf knapp 30 Beschäftigte kommt. Ihr Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen das Programmieren nahezubringen. Das geschieht in digitalen Nachmittagskursen unter Anleitung der Coaches sowie mit einer mobilen Lern-App. Auf Basis des Computerspiels Minecraft in Verbindung mit der Programmiersprache Python lernen die Kids spielerisch zu programmieren.
Die Idee kam dem Team in der Pandemie. Schulen schienen überfordert. Die Kids hatten viel Leerlauf, saßen an Computern, aber lernten kaum. „Wir sind überzeugt, dass digitales Lernen für Jungen und Mädchen funktionieren kann und dass es enormes Potenzial hat“, sagt Maiwald. Von ihren überwiegend männlichen Kommilitonen wusste die Informatikerin, dass die meisten über Computerspiele zum Programmieren gekommen waren. Hier setzt das Team an. Es ermutigt Kinder ab dem siebten Lebensjahr, sich mit der Materie zu beschäftigten. „In diesem Alter bilden sich Interessen für Hobbys aus und die Kinder sind hoch motiviert“, erklärt sie. Für 60 Euro monatlich können sie wöchentlich Online-Kurse mit Coaches besuchen und per Smartphone jederzeit mit der Lern-App trainieren. Aufbereitet im Quizformat und in kleinen Aufgaben vertiefen sie dabei die Kursinhalte.
Die Coaches sind IT-Studierende mit verschiedensten Wurzeln: Vorbilder für alle Kinder und Jugendlichen einer multikulturellen Gesellschaft – ob weiblich oder männlich. Sie programmieren und lernen, dass IT-Kenntnisse Karrierewege öffnen. Um das Angebot von codary schnell bekannt zu machen und das Geschäftsmodell zu skalieren, steht die besagte Finanzierungsrunde an. Das Berliner Startup-Stipendium sowie Beteiligungskapital von Investoren und Business Angels haben dem Team ermöglicht, seine Ideen umzusetzen und grundlegende Strukturen aufzubauen. Die Zeit scheint reif dafür, nun in die Fläche zu wachsen.
Historische Lektionen für unterwegs
Einen völlig anderen Gründungsansatz verfolgen Nele Diekmann und Marcel vom Lehn mit ihrer Agentur Historicity. Auch hier geht es um Didaktik und die spannende Aufbereitung von Lehrinhalten. Doch Zielgruppe sind Touristen oder Einheimische, die sich über die Geschichte von Städten und Regionen informieren wollen. Der promovierte Historiker vom Lehn und die promovierte Kulturwissenschaftlerin Diekmann agieren in einem Netzwerk von Fachleuten, mit denen sie Geschichte in Geschichten verpacken: Lebendig, spannend und informativ. Mal in Audioguides, mal mit Augmented Reality (AR) oder auch im spielerischen Gamification-Modus. Teilweise ist die Geschichtsvermittlung ins Städtemarketing eingebunden oder begleitet die Regionalentwicklung. Auch anlässlich von Stadtgeburtstagen sind die Dienste von Historicity gefragt.
„Wir recherchieren die lokale Geschichte akribisch, gehen in die Archive und bereiten Inhalte wissenschaftlich auf. Doch es ist unser Anspruch, Geschichte so lebendig und spannend zu vermitteln, dass sich die Zuhörenden mittendrin fühlen“, sagt Diekmann. Ihr Geschäft führt von Projekt zu Projekt. Damit viele Menschen mit ihren Audioguides und AR-Animationen lernen können, müssen sie jedes Mal spezifische Inhalte recherchieren und je nach Auftrag didaktisch oder als Beratungsleistung aufbereiten. Darum das Arbeiten im Netzwerk. Je nach Aufgabenstellung zieht Historicity unterschiedliche Spezialistinnen und Spezialisten zusammen, die ansonsten eigene Wege gehen.
Kontakte:
codary GmbH
Bismarckstr. 10 -12
10625 Berlin
hello(at)codary.org
https://www.codary.org
HistoriCity GbR
Bismarckstr. 10 -12
10625 Berlin
info@historicity.de
https://historicity.de
VINYA E-Learning GmbH
Hardenbergstr. 38
10623 Berlin
+49 (0) 175 221 4646
info(at)vinya.io
https://vinya.io