CHIC IN SPACE
Charlottenburger Start-ups entwickeln Antriebssysteme und effektive Kommunikationslösungen für Kleinsatelliten / Startplätze für Parabelfüge in die temporäre Schwerelosigkeit buchbar
In der Raumfahrt prägen traditionell Agenturen wie die NASA und ESA und zuletzt auch die US-Firma SpaceX das Geschehen. Können Start-ups in diesen Sphären mitwirken? Zwei CHIC-Teams glauben fest daran und arbeiten an Lösungen rund um Kleinsatelliten sowie deren Antriebe und Kommunikation.
Lösungen für den blauen Himmel. Die BERLIN SPACE CONSORTIUM GmbH verspricht sie nicht nur, sie realisiert sie. Und das auf breitest denkbarer Front. Das Angebot reicht von Antriebssystemen für Mikro- und Minisatelliten mit einer Startmasse von 20 bis 500 kg über maßgefertigte Treibstofftanks in Leichtbauweise bis zu elektromechanischen Vorrichtungen, welche Satelliten im Orbit kontrolliert von der Trägerrakete separieren. Zudem verschafft das Team um Geschäftsführer Norbert Pilz Kunden die Möglichkeit, Kleinsatelliten zu günstigen Konditionen auf deren jeweilige Umlaufbahn transportieren zu lassen. Obendrein können über das Unternehmen Startplätze für Parabelfüge in die temporäre Schwerelosigkeit gebucht werden. „Wir bereiten im Auftrag von Kunden auch wissenschaftliche Experimente für solche Flüge vor und führen sie durch“, berichtet Pilz, der selbst schon oft an Bord war, um solche Experimente in der Schwerlosigkeit durchzuführen.
Pulsierende Netzwerke
Das wirft die Frage auf, wie ein Start-up all diese Aufgaben bewältigen und so viel Know-how in sich vereinen kann. Erst recht vor dem Hintergrund, dass Pilz im CHIC mit BLUE SKY SOLUTIONS eine zweite Firma gegründet hat, die umweltgerechte Technologien für die Luftfahrt und Erneuerbare-Energie-Projekte vorantreibt. „Hier bieten wir in erster Linie technologisches Know-how an und beraten in Finanzierungsfragen“, antwortet der Gründer. „Das BERLIN SPACE CONSORTIUM kann hingegen das sehr breite Spektrum an Services und Lösungen anbieten, weil wir ein internationales Team von erfahrenen Ingenieuren mit globalem Netzwerk sind“, erklärt er. Ein Dutzend von ihnen bilden das Kernteam; für größere Projekte wächst das Team auf bis zu 25 Spezialistinnen und Spezialisten an. Ein pulsierendes Netzwerk, zu dem internationale Kooperationspartner, lokale Firmen aus der Präzisionsfertigung und Additive Manufacturing, Anbieter von Umwelttests für Raumfahrtsysteme, Institute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und Universitäten gehören. Und natürlich der französische Anbieter von Parabelflügen und jene Organisationen, die Kleinsatelliten ins All befördern.
Ein Knotenpunkt in diesem Netzwerk ist das fußläufig vom CHIC erreichbare Institut für Luft- und Raumfahrt der Technischen Universität Berlin. Pilz und weitere Teammitglieder haben dort studiert, teils auch gelehrt – und sie haben an dem TU-Institut mehr über Kleinsatelliten gelernt, als es zu dem Zeitpunkt irgendwo anders in Europa möglich gewesen wäre. „Die TU Berlin gehört in diesem Feld zu den Pionieren“, sagt Pilz. Folgerichtig seien dort ausgebildete Nachwuchskräfte sehr gefragt.
Kleinsatelliten-Pioniere an der TU Berlin
Aus den Anfang der 1990er Jahre gestarteten Aktivitäten sind in der Region diverse Firmen hervorgegangen, die nun zum Netzwerk des Teams gehören. Die Schnittstellen zu Satellitenplattformen der Kunden ergeben sich vor allem durch das spezielle Know-how des Start-ups: die Entwicklung und Auslegung von elektrischen Raumfahrtantrieben im Schub-Bereich zwischen zwei und 85 Milli-Newton. Der Markt hat eigene Gesetze. Kleinsatelliten werden häufig in Kleinserien gefertigt, um ganze Verbünde identischer Satelliten auf spezifische globale oder regionale Aufgaben ansetzen zu können. Um ihren Platz in einem solchen Verbund dauerhaft einzunehmen, brauchen die Satelliten in der Regel ein eigenes Antriebssystem. Auch dienen die Antriebe dazu, sie am Ende ihrer Lebensdauer kontrolliert abzubremsen, damit sie restlos in der Erdatmosphäre verglühen.
Sind die kleinen Satelliten auf ihrer Umlaufbahn, dann sind ihre gesammelten Daten Gold wert. Es braucht effektive Kommunikationslösungen, um diese zur Erde zu senden. Genau hier setzt ein weiteres Team im CHIC an. Die 2BCOM Space GmbH entwickelt kostengünstige, flexible Lösungen, die spezifisch auf den von Kleinsatelliten dominierten „New Space“-Markt zugeschnitten sind.
Achillesferse Kommunikation
„Durch die Vielzahl neuer Satelliten wächst der Bedarf an Bodenstationen und an Signalverarbeitungstechnik, die der Vielfalt der Übertragungsarten gerecht wird“, erläutert Mitgründer Stefan Wissuwa. Die Lösung liegt nach Auffassung des siebenköpfigen Teams in der Software. „Wir entwickeln Softwarelösungen für die Signalverarbeitung und ersetzen damit teure Hardware- und FPGA-(Field Programmable Gate Array)-Lösungen“, erklärt er. Nach dem Prinzip eines Modems, welches die Signale moduliert und demoduliert, setze der 2BCOM-Ansatz darauf, Signale direkt an der Antenne zu digitalisieren und die derart übertragenen Daten anschließend wiederherzustellen. Dafür hat das Team sehr effiziente Algorithmen entwickelt, die in der Lage sind, auch Breitbandsignale in Echtzeit zu verarbeiten. „Unser Verfahren skaliert sehr gut mit der verwendeten Technik und eignet sich auch für den Einsatz in der Cloud“, berichtet Wissuwa.
Das kann das Team mit Fug und Recht behaupten; Es ist Teil der CyBEESAT Mission der TU Berlin und steuert sein Software-basiertes Verfahren zu deren Bodensegment bei. Die Mission ist nur eines von mehr als zwanzig Projekten, in denen das Institut Kleinsatelliten in den Orbit entsendet hat.
Auf diesem Boden gedeihen viele Start-ups, denen sich ein global wachsender Markt mit vergleichsweise niedrigen Zugangshürden auftut. Es ist heute keine Raketenwissenschaft mehr, miniaturisierte Cube-Sats zu entwickeln und zu fertigen. Das 2BCOM Space Team hofft daher auf breite Kundschaft für den softwarebasierten Ansatz: Satellitenhersteller, Subsystemlieferanten sowie Betreiber von Satelliten, Bodenstationen und Bodenstationsnetzwerken. Dafür entwickelt das junge Unternehmen nun ein tragfähiges Geschäftsmodell und streckt parallel die Fühler nach Venture Capital aus. Denn auch wenn der Marktzugang im New Space der Kleinsatelliten einfacher ist, ganz ohne Kapital gelingen Höhenflüge auch hier nur selten.
Von Peter Trechow für CHIC!
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