Das Material für die Festplatten von morgen
Forscher am Max-Born-Institut erhält Nachwuchspreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Dr. Manfred Fiebig (39) vom Max-Born-Institut wird mit dem Walter- Schottky-Preis 2006 der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
(DPG) ausgezeichnet. Der Nachwuchspreis würdigt herausragende Beiträge zur Physik der kondensierten Materie. Durch seine „bahnbrechenden Arbeiten“ zu magnetoelektrischen Effekten in Multiferroika habe Fiebig „die Relevanz dieser Materialien für Grundlagenforschung und Anwendungen aufgezeigt, indem er eine Methode zu ihrer spektroskopischen Charakterisierung entwickelte“, so die DPG. Die Erkenntnisse des Physikers und seiner beteiligten Kollegen machen den Weg frei für leistungsfähigere und langlebigere Festplatten oder Arbeitsspeicher sowie für bessere Speicherchips. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird im März 2006 verliehen.
Fiebig und seinen Kollegen gelang erstmals der experimentelle Beweis dafür, dass elektrische und magnetische Eigenschaften von Multiferroika räumlich zusammenhängen. Eine Korrelation dieser Eigenschaften hatten Physiker lange vermutet. Fiebigs Team machte die Kopplung mit Laserlicht sichtbar. Für ihre Messungen verwendeten die Wissenschaftler infrarotes Laserlicht. Sie bestrahlten damit Yttriummanganit-Kristalle. Bei einem sehr geringen Teil des eingestrahlten Lichtes halbiert sich durch Kontakt mit den magnetisch oder elektrisch ausgerichteten Bereichen die Wellenlänge. Das austretende Licht ist grün. „Das kann man sich vorstellen wie in einem Westernfilm“, erklärt Fiebig. Ein Scharfschütze schießt auf eine Blechbüchse, die fliegt in die Luft – und er trifft sie ein zweites Mal, so dass sie noch höher fliegt. Fiebig:
„Wir schießen mit einem Laser auf unsere Probe und erhöhen das Energieniveau doppelt, dann messen wir das Licht, das die Probe abstrahlt, wenn die Atome in ihr ursprüngliches Niveau zurückfallen.“
Eine extrem empfindliche Kamera nimmt dieses Licht auf. Aus der Analyse der unterschiedlichen Schwingungsrichtungen erhalten die Forscher Aufschluss über die magnetische und die elektrische Ausrichtung der verschiedenen Gebiete („Domänen“) im Kristall. Die Arbeiten wurden an der Universität Dortmund bei Prof. Dietmar Fröhlich in Kooperation mit Prof. Roman Pisarev (St. Petersburg) begonnen, dann aber im wesentlichen am Max-Born-Institut im Bereich von Prof. Thomas Elsässer zusammen mit Dr. Thomas Lottermoser durchgeführt.
In Adlershof hat der Heisenberg-Stipendiat Fiebig wesentlich leistungsfähigere Laser als anderswo zur Verfügung. Er und seine Kollegen erforschen damit die Grundlagen für Datenspeicher von morgen. Derzeit arbeiten die Computer mit ferromagnetischen Speicherelementen. Die Informationen sind über Magnetisierungen kodiert, die je nach Ausrichtung für Null oder Eins stehen.
Ein Schreib- und Lesekopf kann die magnetischen Strukturen erzeugen und lesen. Dazu ist ein äußeres Magnetfeld notwendig. Manfred Fiebig wies nun nach, dass sich die magnetischen Strukturen auch mit elektrischen Feldern gezielt erzeugen und umorientieren lassen – und zwar bei ganz bestimmten Materialien, den „Multiferroika“. Dabei handelt es sich Materialien, die mehrere Ordnungseigenschaften in sich vereinen, etwa den Ferromagnetismus mit der Ferroelektrizität.
„Wenn es gelingt, Multiferroika praxistauglich zu machen, dann könnten wir auf wesentlich kleinerem Raum und viel schneller als bisher Daten speichern und wieder auslesen“, sagt Fiebig. Noch ist das Zukunftsmusik, weil seine Versuche bei mehr als 260 Grad unter Null in einer Helium-Atmosphäre ablaufen. Multiferroika, die bei Raumtemperatur beschrieben und wieder ausgelesen werden können, sind allerdings in der Entwicklung.
Fiebig ist unterdessen dabei, seine Forschung zu erweitern. Er untersucht jetzt die Geschwindigkeit, mit der sich magnetische Domänen durch Anlegen eines elektromagnetischen Feldes ändern. „Das ist das Einzigartige am MBI“, schwärmt Fiebig: „Ich habe meine Probe genommen, bin eine Etage tiefer gegangen und konnte dort im Labor zeitaufgelöste Aufnahmen machen.“ Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Änderungen im Bereich von Pikosekunden („zehn hoch minus zwölf“ Sekunden) ablaufen. Ein grundlegendes Verständnis der Prozesse könne dazu führen, dass die Schaltzeiten in Rechnern kürzer und Schaltprozesse flexibler werden.
Weitere Informationen:
Manfred Fiebig
Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie
Max-Born-Straße 2A; 12489 Berlin
Tel: 030-6392-1404
Mail: fiebig(at)mbi-berlin.de
Web: www.mbi-berlin.de