Daten für die Kabine
Wertvolle Tools für Modehändler und Fußball-Analysten
40.000 Fußballspiele finden jedes Wochenende in den unterschiedlichsten Ligen statt. Bis zu 10.000 Videos werden dort gedreht. Im stationären Einzelhandel liegt die Kaufwahrscheinlichkeit bei nur zehn bis 15 Prozent, damit aber immer noch um das Fünffache höher als im Online-Handel. Warum diese ganzen Zahlen? Sie sind die Basis der Geschäftsideen zweier Adlershofer Unternehmen, die Fußballspieler besser und Einzelhändler erfolgreich machen.
Auf dem 47 Zentimeter großen Touchscreen-Bildschirm in der Umkleidekabine ist die gerade anprobierte Hose zu sehen. Der Kunde hat den Barcode gescannt und bewertet die Größe. Zu klein oder zu groß? Der Bildschirm zeigt alle noch im Laden verfügbaren Größen – inklusive passendem Größenvorschlag. Der Kunde wählt, der Verkäufer erhält auf seinem Tablet eine Information und bringt die gewünschte Größe direkt in die Kabine. Während des Wartens zeigt der Bildschirm ähnliche Artikel oder empfiehlt ein passendes T-Shirt.
„Shoppen“, weiß Peer Hohn, „ist ein emotionales Erlebnis“. Stoffe anfassen, Sachen anprobieren. Luxus, den der Einkauf über das Netz nicht bieten kann. Dafür weiß der Online-Handel immer, was der Nutzer angeschaut hat oder was andere zusätzlich anschauten, die diesen Artikel kauften. Algorithmen rechnen im Hintergrund, schneller als jeder Verkäufer. Mit seiner Technologie will das Berliner Start-up Phizzard, deren Geschäftsführer Hohn ist, die analytischen Möglichkeiten des Online-Handels mit dem emotionalen Erlebnis in einem Geschäft verbinden und so die Kaufbereitschaft seiner Besucher erhöhen. Auch die Händler profitieren. Sie erhalten wertvolles Datenmaterial, das geschäftliche Abläufe optimiert, die Wirksamkeit von Shop- und Schaufenstergestaltung auswertet oder Öffnungszeiten und Personalplanung verbessert.
Alexander Bitzke und Eugen Funk haben in ihrer Jugend selbst aktiv Fußball gespielt. Die Auseinandersetzungen mit Trainer und Mitspielern, welche Fehler man gemacht hat oder ob man an der richtigen Position war, kennen sie gut. Um diese Fragen zu klären, nutzen Bundesligavereine sehr umfangreiche Video-Analyseprogramme. Doch die sind teuer. „Wir wollten mit Fubalytics eine Plattform schaffen, auf der jeder Trainer, Sportler und Fan eigene Videoanalysen erstellen und Inhalte teilen kann“, sagt Alexander Bitzke. Auf der Online-Plattform können eigene Videos hochgeladen und analysiert, automatisch Statistiken zu Spielen, Spielern und Mannschaften erstellt, Spielaktionen kommentiert und geteilt werden. Auch bekannte Funktionen aus der Spielanalyse nach Champions-League-Spielen wie „Zeichnen” im Video oder „Verschieben“ von Spielern sind integriert. Mit nur wenigen Klicks ist ein Video analysiert, ohne dass es geschnitten werden muss. Trainer, Spieler, Funktionäre und Berater aus dem Amateur- und Profifußball wirken an der Entwicklung mit. Mehr als 3.000 Teams nutzen Fubalytics bereits online, auf dem Desktop oder als App, neben Amateur- und Freizeitmannschaften auch Hertha BSC, Union Berlin oder der VfL Wolfsburg.
Von Rico Bigelmann für Adlershof Special