Die Kanzlerin ist eine von uns
WISTA-Geschäftsführer Schmitz im www.berlinews.de Interview zur Adlershof Bilanz 2006
Frage: Der Standort Adlershof gilt als Boomtown. Bleibt es bei den zweistelligen Wachstumsraten der Firmen im Technologiepark?
Schmitz: Wir haben die exakte Statistik für das letzte Jahr zwar noch nicht fertig. Aber der Trend geht dahin, dass Adlershof insgesamt 2005 um rund 900 neue Arbeitsplätze zu den insgesamt rund 12.000 Beschäftigten gewachsen ist. Dabei sind die Firmen im Technologiepark um 10 und die in der Medienstadt um mehr als 20 % gewachsen. Das sind Zuwachsraten, die es in Berlin nicht so häufig gibt. Die Mischung aus Wissenschaft und Wirtschaft stimmt bei uns. Das ist der Wachstums-Treiber.
Bekommen Sie neue Investoren nach Adlershof ?
Schmitz: Wir sind im September 2005 an die Autobahn angeschlossen worden. Das hat uns einen zusätzlichen Schub gebracht. Die Anfragen über unsere Immobilien-Hotline haben sich 2005 gegenüber dem Vorjahr um das achtfache gesteigert. Wir hatten insgesamt über 500 Anfragen, die sich zusammen für 80.000 qm Nutzfläche interessierten. Das steht in direktem Zusammenhang mit der Autobahn. Dadurch sind wir ein richtiger Teil Berlins geworden. In 20 Minuten ist man überall.
Aber haben Sie nicht mit Leerständen zu kämpfen? Sind die Probleme mit dem Neubau des Einkaufszentrums "Adlershofer Tor" inzwischen gelöst?
Schmitz: Richtig, das macht uns noch Sorgen. Von den 8000 qm sind in diesem Bau zwar 3200 qm mit Erweiterungsoptionen vermietet. Hier ist noch kräftige Werbung nötig. Immerhin konnten wir schon das Callcenter der Lufthansa hierher ziehen. Insgesamt liegt aber der Auslastungsgrad der Flächen, die wir, die WISTA MANAGEMENT GMBH gewerblichen Mietern anbieten, das sind 130.000 qm, bei 91 Prozent. Damit sind wir zufrieden. 2005 sind weitere 7000 qm neu vermietet worden. Bei 95 Prozent wären wir sehr gut, denn die 100 sind nie zu erreichen.
Mit dem Neubau des Zentrums für Nachhaltige Technologien geht die Ära der großen öffentlich geförderten Bauprojekte zu Ende, die das Gesicht des neuen Adlershof geprägt haben. Wer bezieht diesen Bau?
Schmitz: Einziehen werden Unternehmen, die auf chemischem, physikalischem und biotechnologischem Gebiet forschen und produzieren. Zunächst werden die Unternehmen des Standortes, die dringend hochausgestattete Wachstumsfläche benötigen, einziehen. Dies sind die ASCA GmbH und die WITEGA Laboratorien GmbH. Darüber hinaus führen wir weitere sehr konkrete Gespräche mit weiteren passgenauen Firmen. Wir planen, das Gebäude bis zum Jahresende voll vermietet zu haben.
Unter den angesiedelten Firmen des letzten Jahres zählt auch die Tochtergesellschaft Jerine Peptide GmbH des Biotechnologie-Unternehmens Jerini AG, das im vorigen Jahr an die Börse gegangen ist. Jerini AG wurde übrigens in den 90er Jahren hier in Adlershof als kleines Start-Up gegründet. Eine Erfolgsstory, von denen wir noch mehr mehr bringen wollen.
Wer hat den Neubau finanziert?
Schmitz: Die Baukosten von 21,1 Millionen Euro kommen zu 85% aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Mit diesen Geldern des Bundes wurden seit 1992 rund 30 Projekte mit rund 246 Millionen Euro finanziert. Davon waren rund 44 Millionen Euro EU-Fördergelder. Eine Reihe preisgekrönter Gebäude wurden errichtet. Moderne Architektur ist inzwischen auch ein Markenzeichen von Adlershof.
Und nun: kommen die privaten Bauherren?
Schmitz: Sie sind ja schon da. Im letzten Jahr hat die Firma Laser Labor Adlershof LLA, eine Gründung aus Adlershof, ihren Neubau begonnen. Die Fa. EuropaCenter AG hat ein großes Grundstück entlang der Rudower Chaussee erworben. Der Investor SITAC Ltd. hat das große Flurstück entlang der Autobahn, die Fa. Fuss hat ein Grundstück für einen Fertigungsbau gekauft.
Besonders stolz sind wir auf den Neubau von Jenoptik Diode Lab, der gegenwärtig errichtet wird. Denn hier werden Hochleistungslaserdioden hergestellt, deren Baureihe im Januar einen Leistungsweltrekord erzielt haben. Das Unternehmen nutzt dabei die Forschungsergebnisse des Ferdinand-Braun-Instituts direkt nebenan, aus dem es als Ausgründung hervorgegangen ist. Mit dem Produktionsstart in diesem Sommer werden weitere 40 neue Arbeitsplätze entstehen. Das ist die nächste Stufe der Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft in Adlershof: die industrielle Produktion. Aber dieses Beispiel macht auch deutlich, wie wichtig der Typus des "unternehmerischen Professors" ist. Ohne den Leiter des Ferdinand-Braun-Instituts, Professor Tränkle, würde es diese Firma in Adlershof nicht geben.
Sind Sie damit ein Modell für die zukünftige Wirtschaft des Standortes Berlin?
Schmitz: Wir sind wahrscheinlich das einleuchtendste Beispiel, wie man einen wissenbasierten Industriecluster aufbaut. Es ist einfach eine starke Geschichte von Unternehmergeist, Entwicklungssystematik und der Kraft der Innovation. Berlin könnte die gleiche Logik noch viel systematischer anwenden.
Die Zeit des städtebaulichen Entwicklungsgebietes geht 2007 zu Ende. Was bedeutet das für Adlershof?
Schmitz: Adlershof Projekt GmbH, unsere Tochtergesellschaft, und der Senat für Stadtentwicklung betreibt mit hoher Energie die Fertigstellung der letzten Erschließungsprojekte, der Bodenordnung und vor allen Dingen den Verkauf von Liegenschaften. Wir können derzeit schon absehen, dass einige Projekte auch über 2007 weiter laufen werden und auch noch wichtige Grundstücke noch nicht veräußert sind. Wir erarbeiten derzeit ein Konzept, wie die Weiterführung der Entwicklung unter dem Dach der WISTAMANAGEMENT GMBH sichergestellt wird. Die Wachstumsaufgabe ist ein echte Herausforderung, aber lohnend für Berlin. Die noch zu bebauenden Grundstücke geben noch Raum für ca. 17.000 Arbeitsplätze!
Bundeskanzlerin Merkel hat in den 80er Jahren in Adlershof als Physikerin gearbeitet. Hatten Sie in ihrer neuen Funktion schon Kontakt zu ihr und hat Adlershof besondere Erwartungen an sie?
Schmitz: Nein, ich habe sie noch nicht gesprochen. Ihr Vorgänger hat uns ja allein im letzten Jahr zwei mal besucht. Ich bin aber sicher, dass Angela Merkel ein besonderes Gespür dafür hat, welche Kraftanstrengung hier in Adlershof vollbracht worden ist. Und diese Energie meine ich auch in ihr zu erkennen. Insoweit ist Frau Merkel eine von "uns" Adlershofern. Und ich freue mich besonders darüber, dass es einmal eine Naturwissenschaftlerin ins Kanzleramt geschafft hat.
Quelle: www.berlinews.de (Die Fragen stellte Manfred Ronzheimer)
Personalie Hardy Rudolf Schmitz
Hardy Rudolf Schmitz, Jahrgang 1951, verheiratet, drei Kinder. Er stamm aus dem Münsterland, hat in Aachen (Elektrotechnik) und München (wirtschaftlicher Aufbaustudiengang) studiert. Sein Berufsweg führteihn zunächst als Project Manager in das Beratungsunternehmen The Boston Consulting Group, danach zur Digital Equipment GmbH in die Bereiche Vertrieb und Marketing. 1989 gründete er innerhalb der CompuNet-Gruppe ein Unternehmen. Drei Jahre später wurde er Geschäftsführender Gesellschafter in der CompuNet Computer AG in Berlin. CompuNet entwickelte sich in kurzer Zeit zum führenden deutschen Systemintegrator für verteilte Informationstechnik. 1996 verkauften die Gesellschafter ihre Anteile an General Electric. Schmitz blieb bis Ende 1999 weiterhin für CompuNet tätig. Danach engagierte er sich bei der Gründung und bei dem Aufbau innovativer Hochtechnologie-Unternehmen.
Seit dem 1. März 2002 ist Schmitz als Nachfolger von Professor Rolf Scharwächter Geschäftsführer der WISTA-MANAGEMENT GMBH.