Die Powernerds
Kolja Bailly und Peter Kock entwickeln lernende Software
Immer größer, immer weiter, immer mehr? Kolja Bailly hat es in seinen bisherigen Unternehmerjahren anders erlebt. „Kein kontinuierliches Wachstum“, eher „Höhen und Tiefen“. In guten Zeiten bis zu zehn Mitarbeiter. In schlechten nur zu dritt. Derzeit „kleiner, als wir schon waren“, aber „inzwischen flexibel und spezialisiert aufgestellt“, sagt er.
Bailly und sein Partner Peter Kock sitzen am Konferenztisch im Erdgeschoss des Zentrums für IT und Medien. An der Wand eine Urkunde, mit der die Technische Universität (TU) Berlin ihre Firma SOTA SOLUTIONS als „exzellentes Start-up“ ausgezeichnet hat. Der Titel setzt voraus, dass ein Unternehmen mindestens zwei Jahre am Markt ist, was höchstens 20 Prozent aller Gründer schaffen. An der TU haben Bailly und Kock gemeinsam Informatik studiert und gemeinsam ihre Geschäftsidee entwickelt. Mittlerweile besteht Sota im fünften Jahr, seit Anfang 2012 ist es in Adlershof.
Grenzen überwinden
„Wir haben lange über unseren Zielmarkt diskutiert“, erinnert sich Kock. „Grenzen überwinden“, sagt Bailly, „sowohl äußere als auch innere, das ist ja auch immer Thema beim Gründen.“ Nicht nur dort: Unter dem Teamnamen „Powernerds“ sind die beiden im vorigen Oktober zur „KrassFit-Challenge“ angetreten. Sechs Kilometer über die Rennbahn in Karlshorst, durch Dreck, Eiswasser, über Vier-Meter-Wände. Ein Hindernislauf, den die Veranstalter als „ultimative Herausforderung für Körper und Geist“ rühmen und als „Gelegenheit, über sich selbst hinauszuwachsen“. Ein Treffpunkt für „viele Leute, die gerne durch den Schlamm robben“, so sieht es Kock.
Die selbstlernende Maschine
Früher hat er Kampfsport betrieben, Karate. Lange her. Aus dem Vorsatz, zu zweit regelmäßig zu laufen, ist nicht viel geworden. Firma frisst Freizeit. Worum es dabei geht, verbirgt sich in dem Kürzel Sota. Es steht für „State of the Art“. Frei übersetzt: „So machen wir das heute – weg von Handwerk und Einzelstückfertigung, hin zur Automatisierung.“ Lernfähige Software, die in historischen Daten Zusammenhänge erkennt und sich so die Fähigkeit zu immer genaueren Prognosen antrainiert, das ist das Produkt. Abnehmer sind etwa Betreiber von Solarparks, die wissen möchten, wie viel Strom sie am nächsten Tag ins Netz einspeisen können. Eine herkömmliche Methode wäre, aus dem statistischen Durchschnitt von Witterungsverhältnissen und Leistungsfähigkeit der Module Schätzwerte zu berechnen. Die Sota-Lösung besteht darin, diese Daten durch ein neuronales Netz zu schicken, das sie selbstständig verknüpft und jeweils passgenaue Ergebnisse liefert. Dass dies automatisch geschieht und nicht immer wieder manuell programmiert werden muss, spart erhebliche Summen.
Zunächst waren vor allem Energieversorger interessiert. Zunehmend kommen Industriekunden hinzu. Die „selbstlernende Maschine“ ist ein Zukunftsthema: „Wir haben heute viel größere Unternehmen als Kunden, werden am Markt nicht mehr als Start-up wahrgenommen.“ Eine Wachstumsgeschichte also doch.
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal