Die Suche nach dem Gütesiegel
Hardy Rudolf Schmitz, der Geschäftsführer der WISTA-MANAGEMENT GMBH, zur Zukunft des Standortes Adlershof
HIGHTECH AUS BERLIN: DER WIRTSCHAFTS- UND WISSENSCHAFTSSTANDORT ADLERSHOF
Herr Schmitz, gerade einmal 40 neue Unternehmen hat es im vergangenen Jahr nach Adlershof gezogen. Ein Jahr vorher waren es noch 78 Neuansiedlungen. Verzögert die Konjunkturkrise die Entwicklung des Standortes?
Wir spüren die Auswirkungen der politischen und ökonomischen Entwicklung in der Tat sehr deutlich. Trotz des großen Rückgangs sind wir mit der Entwicklung aber noch recht zufrieden. Der Umsatz der Unternehmen hat im letzten Jahr nur zwei Prozent eingebüßt. Das ist natürlich keine glorreiche Nachricht, aber im Vergleich zu anderen stehen wir noch gut da. Und die Firmen, die bereits länger als ein Jahr da sind, haben sogar ein Wachstum erzielt. Das heißt für uns: Hier gibt es kein massives Bröckeln.
Dennoch bleibt die Zahl der Neuansiedlungen rückläufig.
Was wir tatsächlich noch brauchen sind einige große Zuzüge, größere Investitionen. Das ist jetzt unsere Königsaufgabe. Wir brauchen ein, zwei oder drei Firmen, deren Ansiedlung uns das Gütesiegel gibt.
Liegt die Entwicklung des Standortes Adlershof trotz der Einbußen noch im Plan?
Adlershof ist eine Stadt für Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. Sie soll bis zu 20 000 Beschäftigte haben, und es war auch mal geplant, dass hier bis zu 5000 Menschen wohnen sollten. Was das Wohnen angeht, haben wir die Pläne nicht erreicht. Das liegt aber nicht an uns, sondern an der in den letzten Jahren gänzlich geänderten Wohnsituation in Berlin.
Adlershof soll also keine richtige Wohnstadt mehr werden?
Nein. Es ist geplant, die Wohngebiete deutlich zu reduzieren. Das wird seinen Niederschlag in einem neuen Entwicklungsplan finden. Der Senat für Stadtentwicklung baut ja im Moment alle Pläne für die Entwicklungsgebiete um. Das trifft uns als größtes natürlich auch und zwar insofern als wir voraussichtlich verkleinert und konzentriert werden. Die Gesamtfläche wird wohl dramatisch reduziert. Das ist logisch in Zeiten knapper Kassen. Der Technologiepark wird sich konzentrieren und eine richtige Wohnstadt wird Adlershof wohl nicht werden. Ich halte das für sinnvoll, weil so auch die Vermarktung zielgerichteter erfolgen kann.
Ist eine geringere Fläche nicht eher ein Vermarktungsnachteil?
Selbst nach den neuen Plänen werden wir immer noch der größte Technologiepark in Deutschland sein. ,Size doesn't matter'. Es kommt darauf an, sich auf das zu konzentrieren, was man gut kann.
Wann soll der neue Plan stehen?
Ende dieses Jahres.
Wie weit liegt die wirtschaftliche Entwicklung von Adlershof noch im Plan?
Wir haben im Moment die härtesten Ansiedlungszeiten überhaupt. Es ist europaweit noch nie so wenig gesiedelt worden. Überdies müssen wir uns im Zuge der europäischen Erweiterung mit neuen Wettbewerbern in Osteuropa messen, die deutlich billiger als wir arbeiten können. Auch was den Verkauf von Fläche angeht, war das letzte Jahr schlimm. Immerhin haben wir eine ganz gute Vermietungsquote erreicht, aber Grundstücke wurden im Jahr 2002 nicht verkauft. Was die wirtschaftliche Entwicklung angeht, sind wir aber noch nicht so weit, dass wir den ursprünglichen Plan grundsätzlich korrigieren müssten.
Wie sieht es in diesem Jahr aus?
Besser. Wir haben uns auch deutlich mehr vorgenommen. Die ersten Gespräche mit siedlungsinteressierten Firmen und potenziellen Investoren laufen sehr gut. Aber jetzt im ersten Halbjahr kann man noch nichts Exaktes sagen, außer, dass die wesentlichen Effekte wohl von Mittelständlern kommen werden.
Seit gestern findet erstmals die Messe Mikrosys in Adlershof statt. Was wollen Sie mit der Messe zeigen?
Messen sind – rein werblich gesehen – ein Kleinod. Die Mikrosys zeigt, dass es hier in Adlershof Professoren, Firmen, nicht-universitäre und universitäre Institute gibt, die ein solches Ereignis und ein faszinierendes Programm stemmen können. Gleichzeitig bringen sie internationale Speaker. Das ist für die Entwicklung des Parks ein inhaltlicher Leuchtturm. Die Messebesucher können sich so einerseits einen Eindruck verschaffen, andererseits können sie direkt zu den Professoren gehen, einen intensivierten Kontakt herstellen. Mit solchen Veranstaltungen wollen wir zeigen, was wir drauf haben.
Und was haben Sie drauf?
Adlershof wollen wir da wachsen lassen, wo wir die Chance haben, im internationalen Umfeld der Ansiedlungen Nummer eins, zwei oder drei zu sein. Damit können wir in der Weltspitze der Technologie-Parks mitspielen – und das nicht querbeet, sondern in einzelnen Feldern, wo man das auch schaffen kann.
Wo liegen diese ganz speziellen Qualitäten?
Ganz sicher im Bereich der modernen Optik, der Opto-Elektronik und damit verbunden der Lasertechnik. Da sind wir sowohl von den lehrenden Professoren als auch von den angesiedelten Unternehmen ganz hervorragend aufgestellt. Viel damit zu tun hat die Mikrosystem-Technik. Das, was letztlich die Integrationsstufe von Kleinstteilen ist, möglicherweise auch Elementen der Nano-Technologie. Auch in diesem Bereich wollen wir einer der ersten Standorte sein. Darüber hinaus sind wir beim Thema Materialtechnologie und Materialstrukturtechnologie sehr gut positioniert, denken Sie etwa an ein materialerforschendes Institut wie Bessy. Dazu kommt die Informatik, in der wir sehr interessante Ballungen haben – etwa die Humboldt-Uni, das First-Institut und sehr vielversprechende junge Firmen. Das alles gehört in unsere Strategie, in Clustern zu denken. Wir versuchen Cluster zu etablieren und zu formieren, mit denen wir die Strahlkraft in diesen speziellen Bereichen erhöhen. Wir sagen also nicht generell ,Wir sind der größte Technologiepark', sondern ,Wir sind die besten in einigen bestimmten Bereichen'.
In der öffentlichen Wahrnehmung muss Adlershof allerdings noch immer um Aufmerksamkeit ringen?
Tja, den verwöhnten Berlinern muss man alles immer hintragen. Wir gelten immer noch als ganz weit draußen, aber das wird sich schon bald radikal ändern. Wenn im September 2004 der Autobahnanschluss da ist, dann sind wir das Ende der Autobahn. Abfahrt Adlershof. Und aus der anderen Richtung von Schönefeld sind wir dann die erste Auffahrt auf Berliner Stadtgebiet.
Wann wird Adlershof ohne öffentliche Mittel auskommen?
Ganz ja nie. Schließlich hängt die öffentliche Forschung immer von öffentlichen Mitteln ab. Aber nachdem der Staat hier seine Hausaufgaben gemacht hat, nämlich die Integration der Institute der Akademie der Wissenschaften, nach umfangreichen Investitionen, der Ansiedlung der HU und der Gründerzentren, ist jetzt die private Wirtschaft dran. Die öffentliche Hand muss nur noch für den Autobahnanschluss sorgen, den neuen S-Bahn-Anschluss und den Flughafen, das wird nochmal einen enormen Schub geben.
Das Gespräch führte Roland Koch.
Quelle: Tagesspiegel vom 29.04.2003