Ein elegantes Schiff
Tetris hält Einzug in die Architektur
1984 stellte Alexei Paschitnow die erste Version seines Computerspiels vor. Darin müssen vom oberen Spielfeldrand einzeln herunterfallende Formen in 90-Grad-Schritten gedreht und so platziert werden, dass sie am unteren Rand horizontale, möglichst lückenlose Reihen bilden. Tetris ist heute der Spiele-Klassiker schlechthin. Dass er Einzug in die Architektur finden würde, damit hat Paschitnow wohl nicht gerechnet. Doch in Berlin Adlershof entsteht ein Wohnhaus nach genau demselben Prinzip – Tetris Adlershof.
Der Entwurf eines Wohnhauses mit 70 Wohneinheiten des Architekturbüros Eyrich Hertweck folgt dem Spiel Tetris. „Wohnungsbausteine“ – ein- oder zweigeschossig – gliedern sich so ineinander, dass sie am Ende ein sechsgeschossiges, 120 Meter langes Wohnhaus der besonderen Art ergeben. Das Gebäude scheint wie ein elegantes Schiff mit vielen offenen Decks, das in kleinen, wellig gestalteten Gärten schwimmt. Obwohl jede Wohnung ungewöhnlich viel Wohnqualität besitzt, entstehen hier keine Eigentums- sondern Mietwohnungen mit Mietpreisen von 9 bis 11,50 Euro pro Quadratmeter – je nach Wohnungstyp. Insgesamt 20 Millionen Euro investiert ein Mannheimer Investor.
Wohnungen für Singles, Paare, kleine und große Familien
Das Skelett des Baus am Groß-Berliner Damm, der in zwei Bauabschnitten wächst, bilden je zwei Treppenhauskerne, die durch Laubengänge auf jeder zweiten Etage miteinander verbunden sind. Dazwischen ordnen sich die Wohnungsbausteine an, Garten-, Maisonette- und Dachterrasseneinheiten mit Größen von 43 bis 200 Quadratmetern. Wohnungen für Singles, Paare, kleine und große Familien. Jede dieser Wohnungen hat einen Garten, eine Loggia oder eine Dachterrasse – zur Südwestsonne ausgerichtet.
Maisonette-Wohnungen mit Eigenheimflair
„Die Erdgeschosswohnungen sind der Hit“, sagt Architekt Christian Hertweck. Aufgrund der schön gestalteten Eingangszone, deren Privatsphäre durch erhobene Vorgärten geschützt wird, einer eigenen Klingel und eines eigenen großen Gartens, hat jede Maisonette-Wohnung Eigenheimflair. In den oberen Geschossen verbinden Laubengänge die beiden Treppenhäuser und erschließen die einzelnen Wohnungen. Die Laubengänge sind durch ihre großzügigen Abmessungen und eingebaute Sitzmöbel als Kommunikationsräume gestaltet.
Ökologisches Augenmaß
2011 haben der Investor und die Architekten das Gelände begutachtet und sich dann mit ihrem Entwurf, zunächst nur für ein Teilstück, beworben. Er fand so viel Zuspruch, dass auch für die zweite Hälfte des Grundstückes ein Entwurf angefragt wurde. Architekten und Bauherrn war ökologisches Augenmaß wichtig, darum verzichten sie auf die in kritischer Diskussion stehenden Wärmeverbundsysteme. Bei derartigen Systemen wird zur Dämmung Styropor oder Mineralwolle auf die Gebäudeaußenwand aufgebracht und verputzt. Sie werden mit Fungiziden oder Herbiziden behandelt. Die Herstellung ist energieintensiv und die Entsorgung ist problematisch. Tetris wird als Ziegelmauerwerk aus dem Baustoff Poroton entstehen, ein perforierter Mauerstein, der mit Perlit gefüllt wird. Zudem werden dreifach verglaste Holzfenster eingesetzt, die mit einer „Lebenserwartung“ von etwa 100 Jahren etwa 60 Jahre „älter“ werden als Kunststofffenster. Sie dämmen hervorragend, nicht nur klimatisch – auch akustisch. Denn auch die Schalldämmung war ein wichtiges Anliegen von Bauherr und Architekten.
Die Entwurfsidee „Tetris“ von Christian Hertweck verbindet „Wohnungsbausteine“ durch Laubengänge, Terrassen und Gärten mit dem Stadtraum. Sie bieten auf unterschiedlichen Ebenen immer neue, tolle Blicke auf Berlin. Die Vermietung für die ersten 35 Wohnungen hat bereits begonnen.
Von Rico Bigelmann