Energiebündel
Klaus Thiessen, geistiger Vater des Solarcampus Adlershof, wird 80
Erst vor drei Wochen saß er das zweite Mal in seinem Leben auf einem Pferd. Er sei im Altaigebirge geritten. Angst hätte er keine gehabt, natürlich wurde das Pferd geführt. „Das erste Mal saß ich als Kind mit sieben Jahren auf einem Pferd“, erinnert sich Klaus Thiessen, der in diesem Monat 80 Jahre alt wird. Thiessen war nicht im Urlaub, wie man vermuten könnte. Vielmehr nahm er an einer Unternehmerreise der Brücke Osteuropa nach Nowosibirsk teil, zu der im kulturellen Teil auch der Ausritt gehörte. Der promovierte Physiker, der bei Manfred von Ardenne gelernt hat, kennt keine Rast. Vom verdienten Ruhestand ist bei ihm bis heute nichts zu spüren.
Photovoltaik ist keine Spielerei
Bereits Anfang der 60er Jahre hat er auf dem Gebiet der Photovoltaik wissenschaftlich gearbeitet. Bis heute ist er von den Vorteilen dieser Ressourcen schonenden Technologie zur Stromerzeugung überzeugt. Daher verfolgt er vehement seit Gründung des Technologieparks auf dem Gelände der ehemaligen Akademie der Wissenschaften (AdW) der DDR ein Ziel: Adlershof soll ein großer Solarcampus werden. Er hält das für ein „Muss“ des Standorts, denn hier sind das Institut für Kristallzüchtung und die Abteilung Photovoltaik des Hahn-Meitner-Instituts sowie die Firmen Solon und Sulfurcell aktiv, die sich alle mit Solarstrom beschäftigen. „Als Wissenschaftler und Produzenten haben wir zu beweisen, dass Photovoltaik keine Spielerei ist, sondern dazu beiträgt, fossile Brennstoffe einzusparen.“, erklärt er. Wie erfolgreich er bisher dabei war, dokumentieren elf der insgesamt 15 PV-Anlagen auf den Dächern und Fassaden der Adlershofer Gebäude sowie die Solarmover-Anlage von Solon auf dem Versuchsfeld an der Abram-Joffe-Straße eindrucksvoll. Die Gesamt-Spitzenleistung aller Anlagen beträgt derzeit etwa 430 Kilowatt, jährlich gut 400 Megawattstunden. Das würde für die Elektroenergieversorgung von mehr als130 Einfamilienhäusern ausreichen.
Wissenschaftler und Produzenten verknüpfen
Dahinter steckt viel harte Überzeugungsarbeit. Thiessen reist zu Vorträgen auf Messen und Kongresse, überall da, wo neue PV-Technologien eine Rolle spielen. Er knüpft vor allem Kontakte zwischen Wissenschaftlern und Produzenten dieses Bereichs und wirbt Finanzen für den Aufbau neuer Anlagen ein. Einige der Adlershofer sprechen von ihm darum auch schon mal als dem „Solarpapst von Adlershof“. Thiessens nächste Etappenziele sind dabei schon avisiert: Die zwei denkmalgeschützten ehemaligen Hangars auf dem Gelände möchte er zu gern mit Solarzellen aus amorphem Silizium bestücken lassen. Aber deren Dächer sind erst vor wenigen Jahren neu eingedeckt worden. Daneben bieten auch die Dächer der neuen Institutsgebäude der Humboldt-Universität noch reichlich Potenzial für weitere PV-Anlagen.
Adlershofer Urgestein
Klaus Thiessen gilt als einer der „alten Hasen“ auf dem Adlershofer Standort. Dabei seien andere schon viel länger als er hier, beteuert er. Seine erste kurze Begegnung mit Adlershof geht auf das Jahr 1945 zurück, als er, gerade aus englischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, mit seiner Familie über den Flughafen Johannisthal nach Moskau ausgeflogen wurde. Im Gedächtnis haften blieben Trudelturm und Windkanal. 1959, nach Studium und Promotion an der Moskauer Lomonossow-Universität, begann er am Physikalisch-Technischen Institut der AdW wissenschaftlich tätig zu werden, anschließend ging er in die Industrie und arbeitete elf Jahre als Forschungsleiter im Werk für Fernsehelektronik. 1981 kam er als stellvertretender Direktor an das Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie der AdW nach Adlershof zurück. Dort war er maßgeblich auch für die Entwicklung der Epitaxie zur Herstellung von Diodenlasern beteiligt, wofür er 1988 seinen zweiten Nationalpreis erhielt. 1990 gründete er dann am Standort die Gesellschaft zur Förderung angewandter Optik, Optoelektronik, Quantenelektronik und Spektroskopie (GOS e.V.), als deren Vorsitzender Thiessen bis 1998 ehrenamtlich fungierte. Um seine Erfahrungen und Ansichten an andere weiterzugeben, hielt er außerdem ab 1970 an der Technischen Universität Chemnitz mehr als zwei Jahrzehnte Vorlesungen über Optoelektronik. Danach wirkte er noch bis vor wenigen Jahren als Mitglied des Kuratoriums dieser Hochschule, mit der er sich bis heute eng verbunden fühlt.
Gefragt nach seinem Patentrezept für Vitalität bis ins hohe Alter verweist er schmunzelnd auf ein Glas Wodka jeden Abend. Klaus Thiessens Geburtstag wird am 27. Juli um 13 Uhr in Adlershof mit einem Empfang im WISTA-Klub, Rudower Chaussee 17, gefeiert. Auf Wunsch des Jubilars bitte ohne Blumen.
Kontakt:
Prof. Klaus Thiessen
Tel.:03342/8 09 99
E-Mail: k.u.k.thiessen(at)t-online.de