Flug über Iani Chaos und Ares Vallis
Adlershofer Planetenforscher mit der Kamera unterwegs
Gibt es Leben außerhalb der Erde? Das Institut für Planetenforschung in Adlershof sucht mit gestochen scharfen Bildern von unseren Nachbarn im All und Animationen virtueller Marsflüge auch nach Antworten darauf.
Der Flug geht über den Oberlauf des Tales Ares Vallis und einen Teil seines Quellgebiets, die Senke Iani Chaos, und vermittelt den Eindruck einer „echten“ Aufnahme aus einem Flugzeug. Doch das Ares-Tal liegt auf dem Mars und die animierten Bilder stammen von Daten der Stereokamera HRSC, die mit der europäischen Sonde Mars Express seit Anfang 2004 um den roten Planeten kreist. Die High Resolution Stereo Camera wurde am Institut für Planetenforschung des DLR in Adlershof entwickelt. Sie hat nicht nur hier ihren Ursprung, hier werden bis heute die Daten aus dem All in für uns verständliche Bilder und Animationen umgewandelt.
Flagschiff Stereokamera HRSC
Institutsleiter Professor Tilman Spohn weiß um die öffentlichen Wirkungen der Marsbilder aus seinem Hause. Die Planetenforscher aus Adlershof sind aber nicht nur in Sachen Mars unterwegs. Sie kooperieren bei einer Vielzahl von Programmen, die nicht weniger spektakulär sind. Spohn nennt die Cassini-Mission, die in den Ringen des Saturn fliegt, Venus Express, oder die Bepi-Colombo-Mission der ESA, die 2014 zum Merkur starten wird. Oder die Rosetta-Mission, die sich auf dem Weg zum Kometen Churyumov-Gerasimenko befindet, um 2014 die chemischen und physikalischen Eigenschaften des präsolaren Nebels zu erkunden, aus dem sich vor 4,5 Milliarden Jahren die Sonne und die Planeten entwickelt haben.
Experten für Fernerkundung – nicht nur im All
Das Institut befasst sich auf den unterschiedlichsten Ebenen mit der Erforschung unseres Sonnensystems und liefert wissenschaftliche Experimente, die mit NASA oder ESA durchs All fliegen oder vom Boden aus dorthin schauen. Mit Hard- und Software made in Adlershof gelingt es, einen Blick auf die Anfänge des Sonnensystems zu werfen und die Entwicklung von Planeten, Monden, Asteroiden oder Kometen immer besser zu verstehen.
Die Forscher beschäftigen sich aber nicht nur mit dem komplexen Ursprung des Universums. Sie entwickeln auch ganz pragmatische Projekte wie den Asteroid-Finder, einem Kleinsatelliten mit Teleskop, der mögliche Gefährdungen der Erde durch Asteroiden und Weltraummüll aufspüren soll. Mit Adlershofer Know-how werden die Wackelbewegungen des Raumfahrzeuges gewissermaßen weggerechnet, um scharfe Bilder zu erhalten. Und auch Bodenständiges, wie die Teraherz-Kamera zur nicht gesundheitsgefährdenden Durchleuchtung von Passagieren auf Flughäfen und eine Waldbrandkamera gehören zu den Entwicklungen.
Kreativer Standort mit Luft- und Raumfahrttradition
Als Experten für das Messen und Abbilden mit Hightech-Methoden produziere sein Institut „mehr Ideen, als wir umsetzen können“, meint Tilman Spohn. Diese Produktivität gründe sich auf die lange Erfahrung der über 100 Wissenschaftler und Ingenieure, von denen ein nicht unbeträchtlicher Teil bereits beim Institut für Kosmosforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR tätig war, aber auch auf das Umfeld am Standort Adlershof. Hier finde man Produktionspartner, mit denen sich wissenschaftliche Experimente realisieren lassen, die den extremen Anforderungen des Weltalls standhalten.
Eine wichtige Rolle spiele auch das akademische Umfeld mit den Berliner Hochschulen. Die Vernetzung bestehe durch vier Professoren, über eine fünfte Stelle werde gerade mit einer der Universitäten verhandelt. Eine weitere Professorin des Instituts lehre am Pariser Institut für die Physik der Erde. Und stolz fügt der Institutsleiter eine Zahl hinzu: sein Haushalt bestehe aus 30 Prozent Drittmitteln.
Klaus Oberzig