Gepumpte Mikrodosierung
Die Natur macht's vor
Während Forscher und Entwickler an manchem Problem vergeblich tüfteln, bietet die Natur oft sehr einfache und überzeugende Lösungen: Sei es der Lotuseffekt, der Wassertropfen abperlen lässt, das Klettprinzip, das uns die Schnürsenkel erspart oder die Osmose, mit der Pflanzen Flüssigkeiten pumpen.
Vorbildliche Natur
"Die Natur zeigt, dass der Transport von Flüssigkeiten ohne mechanische Unterstützung möglich ist. Nach dem gleichen Prinzip, mit dem Pflanzen Flüssigkeiten pumpen, können auch Medikamente und andere Substanzen dosiert werden", erklärt Helge Adleff, Geschäftsführer der Acuros GmbH. Spezialdisziplin des jungen Unternehmens, das aus dem Institut für Zellbiologie der Humboldt- Universität hervorgegangen ist, sind präzise osmotische Mikropumpen. Mit Hilfe der von Acuros entwickelten Technologie ist es erstmals möglich, Flüssigkeiten im Nanoliterbereich exakt zu dosieren, entsprechend der jeweiligen Anwendung zu regulieren und einen pulsfreien Durchfluss kleinster Flüssigkeitsmengen auch über längere Zeiträume aufrecht zu erhalten.
Regulierte Dosierung
"Wir haben das in der Pflanzen- und Tierwelt bewährte Prinzip der Osmoseregulation aufgegriffen, auf ein bislang nicht überzeugend gelöstes technisches Problem übertragen und die Wirkmechanismen der Natur mit modernem Know-how simuliert", erläutert Helge Adleff die hinter der Gründung steckende Innovation. Vereinfacht dargestellt, funktioniert die von Acuros entwickelte Pumptechnologie in etwa so: Eine Hohlmembran wird mit Wasser gefüllt, außerhalb der halbdurchlässigen Membran befindet sich eine hochkonzentrierte Salzlösung (das sogenannte Osmotikum). Das Wasser in der Hohlfaser diffundiert durch die Membran und verdünnt sukzessive die Salzlösung. Das Medium, das gepumpt werden soll, befindet sich in einen Plastikbeutel innerhalb der Salzlösung. Durch die Volumenzunahme der sich langsam verdünnenden Salzlösung wird der Beutel zusammengedrückt und die in ihm befindliche Flüssigkeit nach außen gepumpt. Reguliert wird die Durchflussrate durch die Konzentration des Osmotikums, den Durchlässigkeitsgrad der Membran sowie den Durchmesser der Hohlfaser. Pro Sekunde lassen sich auf diese Weise Flüssigkeitsmengen zwischen 10 und 1.000 Nanolitern äußerst präzise und pulsfrei dosieren.
Temperierte Präzision
"Neben Einwegpumpen, die wie oben skizziert funktionieren und sich besonders für die Medikamentendosierung, mobile Analytik und Zellkultivierung eigenen, umfasst unser Angebot auch Präzisionspumpen, die vor allem in der Forschung zum Einsatz kommen", beschreibt Helge Adleff die Produktpalette der Acuros GmbH. Obwohl beide Pumpentypen auf dem gleichen Funktionsprinzip basieren, ist der Aufbau der Präzisions-Mikropumpen wesentlich komplexer. Im Gegensatz zur Einwegpumpe ist die Hohlmembran hier mit einer hochkonzentrierten Salzlösung gefüllt, dass Wasser befindet sich außen. In einem zweiten nachgeschalteten Kreislauf wird die verdünnte Salzlösung wieder mit Osmotikum angereichert und in die Hohlmembran zurückgeleitet. Durch die Kompensation der Verdünnung kann die Flussrate über sehr lange Zeit präzise geregelt werden. Die Präzisionsversion bietet zusätzlich die Möglichkeit, das Anwendungsfluid zu temperieren.
Lösbare Herausforderungen
"Im Laufe der 3-jährigen Entwicklungszeit gab es keine unüberwindbaren Hürden, sondern eher eine Fülle technischer Herausforderungen, die es mit Know-how und Kreativität zu lösen galt", schildert Helge Adleff die Entwicklungsphase. Vor Herausforderungen wurde das Acuros-Team z.B. bei der Messung extrem geringer Flüsse gestellt, bis man mit Hilfe hochsensibler Flüssigkeitssensoren reproduzierbare Messergebnisse erzielte. Eine weitere Schwierigkeit bestand in der Verbindung von Materialien wie PTFE (Teflon), die sich eigentlich nicht verbinden lassen. Ein besonderes Schweißverfahren sowie ein spezieller 2 -Komponentenkleber lösten das Problem. Eine dritte Hürde stellte die Erzeugung hoher Flussraten dar, die zum Spülen der angeschlossenen Schläuche notwendig sind. Durch die Integration mehrerer Pumpen kann die Flussrate nun auch manuell reguliert werden.
Kontinuierliche Wirkstoffzufuhr
"Die Einsatzmöglichkeiten unserer Mikropumpen reichen von der Mikrofluidik, Mikroanalytik und Mikroreaktionstechnik über die Medizintechnik bis zur Entwicklung neuer Medikamente und Therapieverfahren", skizziert Helge Adleff das Anwendungsspektrum. So eröffnen die innovativen Mikropumpen u.a. völlig neue Möglichkeiten in der Schmerztherapie: Im Gegensatz zu Tabletten und Spritzen, deren Wirkstoff anfangs hoch konzentriert ist, sich jedoch sehr schnell abbaut und dann zu einer Unterversorgung führt, versorgen Mikropumpen "made by Acuros" z.B. Tumorpatienten kontinuierlich mit dem dringend benötigten Wirkstoff und ermöglichen ihnen damit ein schmerzfreies und weitestgehend normales Leben.
Überlegene Kombination
"Da der Trend im Liquid Handling zu immer kleineren, leichteren und einfach zu bedienenden Einweglösungen geht, rechnen wir uns sehr gute Marktchancen aus. Zudem garantiert unsere Lösung absolut pulsfreie und regelbare Flüsse bei gleichzeitig hoher Förderkapazität. Eine Kombination, die mit konventionellen Mikropumpen nicht möglich ist", skizziert Helge Adleff die Vorzüge osmotischer Mikropumpen. Ein schwedisches Diagnostikunternehmen und eine Berliner Analytikfirma konnte Acuros bereits von der Überlegenheit der neuartigen Pumptechnologie überzeugen.
Ariane Steffen