Happy Birthday BESSY II
Ein Gespräch über 25 Jahre Hochbrillanzstrahlungsquelle in Adlershof
BESSY II ist ein Synchrotron, ein Speicherring, eine Hochbrillanzstrahlungsquelle. Oder wie Bernd Rech es sagt: ein Hightech-Röntgenmikroskop. Seit 25 Jahren hilft es Forscherinnen und Forschern aus aller Welt, die Geheimnisse von Materialien zu ergründen, und schaut den chemischen Prozessen live bei der Arbeit zu. Den Geburtstag nehmen wir zum Anlass, mit dem wissenschaftlichen Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie (HZB) über ein Vierteljahrhundert spannender Wissenschaft im Herzen Adlershofs zu sprechen.
Adlershof Journal: Wie kam BESSY II eigentlich nach Adlershof?
Bernd Rech: Es musste ein Ersatz für BESSY I in Berlin-Wilmersdorf her. Das war schon lange geplant. Berlin brauchte einfach ein besseres Synchrotron. Eines der damals neuesten Generation. Zum Glück kam es in dieser Planungsphase zur Wiedervereinigung. Da wurde entschieden, BESSY II als ein Leuchtturmprojekt am neuen Wissenschaftscampus Adlershof zu bauen. Nach fünf Jahren Bauzeit ging das Synchrotron im September 1998 in Betrieb.
Was sind für Sie die spannendsten Forschungsergebnisse, zu denen BESSY II in den vergangenen 25 Jahren beigetragen hat?
Ganz wichtig war ohne Frage, wie BESSY II half, Teile des neuartigen Coronavirus zu entschlüsseln. Ein Forscherteam aus Lübeck hat hier die Struktur eines wichtigen Hauptproteins aufgeklärt. Diese Messungen fanden im Februar 2020 statt, also direkt am Anfang der Pandemie. Auch zu Fragen der Katalyse hat BESSY II in den vergangenen Jahren immer wieder spektakuläre neue Erkenntnisse beigetragen. Denn das Wissen, wie ein Katalysator eine chemische Reaktion steuert, ist für ganz viele wissenschaftliche und technische Bereiche extrem wichtig. Und dann hat auch die Metrologie immer eine große Rolle gespielt. So hat zum Beispiel die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) Röntgenspiegel vermessen und Methoden kalibriert, die ganz entscheidend für die Herstellung der neuesten Chip-Generation sind.
Medizin, Energietechnik und neuartige Materialien scheinen Dauerbrenner bei BESSY II zu sein. Aber gab es auch exotischere Themen?
Aber sicher. Hier sticht vor allem die Archäologie heraus. An BESSY II wurde die Himmelsscheibe von Nebra ebenso untersucht, wie ein uraltes Wikingerschiff oder ein Virus im fossilen Zahn eines Dinosauriers. Gerade mit Blick auf Letzteres sage ich manchmal scherzhaft, dass wir auch Zahnforschung machen würden.
Denn neben dem Naturkundemuseum mit seinem Dinosaurierzahn hat auch die Charité Berlin BESSY II für die Forschung am Gebiss benutzt. Dabei standen 3D-Bilder von Wurzelbehandlungen im Mittelpunkt.
Wie wird es mit BESSY II weitergehen?
Um auch in den kommenden Jahren tolle Forschung zu machen, müssen wir mit der technologischen Entwicklung Schritt halten. Deshalb soll BESSY II ein Upgrade bekommen. Das betrifft vor allem die Labore, in denen die Forschungsteams arbeiten, aber auch Komponenten an den Experimentierstationen. Mit BESSY II+ soll es dann möglich sein, die Proben auch unter realistischen Einsatzbedingungen live zu untersuchen. Zum Beispiel wollen wir Batterien dabei zuschauen, wie sie sich entladen oder geladen werden. Mit den Erkenntnissen soll ein neuer Ansatz für die Synthese gleich nebenan im Labor möglich sein. Das kann zum Beispiel der Industrie entscheidende Hinweise geben. Parallel läuft aber auch schon die Planung von BESSY III. Das wird ein vollkommen neuer Beschleuniger, der dann wieder auf der Höhe seiner Zeit arbeiten soll. Dabei wird auch die Nachhaltigkeit eine ganz entscheidende Rolle spielen. Wir wollen die Gebäudehülle fast komplett aus Photovoltaik realisieren. Wir wollen die Abwärme effizient nutzen. Und wir werden mit neuartigen Technologien sehr viel Energie sparen.
Wird das ebenfalls alles in Adlershof geschehen?
Wir können den neuen Beschleuniger nicht in die Hülle des Alten bauen. Wir brauchen also einen neuen Standort. Dieser soll ebenfalls hier im Technologiepark sein, eingebunden in das Forschungs-, Entwicklungs- und Unternehmensumfeld. Und in die Berliner Universitätslandschaft. Denn nur so werden wir unsere langanhaltende internationale Alleinstellung erhalten. Ich denke, das ist für beide Seiten von großem Vorteil. BESSY profitiert von Adlershof und Adlershof profitiert von BESSY.
Kai Dürfeld für Adlershof Journal