Hightech-Gründer sind Zukunftsmacher in Adlershof
Strategien zum Aufbau solider Unternehmen am Beispiel zweier IT-Firmen
Gründen in Adlershof. Das ist fast schon ein Ticket zum Erfolg. Doch der Weg dahin unterscheidet sich, wie unterschiedliche Strategien der Gründer zeigen. Was sie eint: Hier werden gute Ideen in solide Firmen überführt.
Oft genug geht es ums schnelle Geld, auch wenn die Idee vielleicht nicht so prickelnd war: Gründer in Berlin-Mitte bringen ihre Geistesblitze fix auf den Markt und peilen einen raschen Exit an, verkaufen also ihre Firma, um damit viel Geld zu verdienen. Ein Weg, der für Jens Hertlein, Gründer der asis Soft- und Hardware GmbH, undenkbar wäre – wie der Blick zurück auf die vergangenen 25 Jahre zeigt. Es war 1995, als er und einige Kollegen mit den Arbeitsbedingungen bei ihrem damaligen Brötchengeber nicht mehr zufrieden waren. Also gründeten sie in Adlershof ihre eigene Firma – mit ihrem Eigenkapital und vor allem dem, was in ihren Köpfen schlummerte. Mehr brauchte es nicht. Bis heute.
Inzwischen beschäftigt asis 15 Mitarbeiter, inklusive der Geschäftsführer Hertlein, Michael Bogdoll und Steffen Buhle. „Wir setzen auf langfristiges Wachstum ohne Fremdkapital“, erklärt Bogdoll. „Wir geben nur Geld aus, das wir auch haben, etwa für Neuentwicklungen. So haben wir das schon immer gehandhabt“, unterstreicht Hertlein. Die Adlershofer haben sich vor allem bei in technische Systeme eingebettete Software einen Namen gemacht. Zu den Kunden zählen unter anderem die Deutsche Bank, Trumpf Medizin Systeme und Francotyp Postalia. Bedient werden vor allem die Automotive-, Bahn-, Maschinenbau- und Medizintechnikbranche. „Einen Vertrieb oder eine Marketingabteilung gibt es bei uns nicht. Aufträge kommen vor allem über Mundpropaganda herein“, berichtet Hertlein.
Darüber dürfte man sich bei manch hippem Start-up in Berlins Mitte verwundert die Augen reiben. Was dort vielleicht als „agiles Arbeiten“ und „New Work“ gepriesen wird, handhaben die Adlershofer seit jeher wie selbstverständlich: Kundenprojekte werden gemeinsam bearbeitet, jeder bringt sich mit seinen Fähigkeiten ein, Hierarchien und Abteilungen gibt es nicht, man isst meist gemeinsam zu Mittag und pflegt untereinander einen freundschaftlichen Ton. Daher verwundert es nicht, dass alle drei Geschäftsführer als Entwickler in den Projektteams mitarbeiten. Für Bogdoll ein Grund für seinen Einstieg als Gesellschafter in die Firma, in der er als Student vor 19 Jahren seine Diplomarbeit geschrieben hat. „Das ist der Reiz“, sagt der 41-Jährige. Er möchte nicht vorrangig delegieren, sondern selber im Team mitarbeiten, Software entwickeln. „Würden wir stark weiterwachsen, wäre dies bald nicht mehr möglich“, sagt er. Idealerweise solle die Firma daher nicht mehr als 20 Mitarbeiter zählen. So kann man eben auch agiles Arbeiten definieren.
Ebenfalls agil im Kopf und mit einem soliden Gründer-Gen ausgestattet ist Hanno Zwicker. Der Serientäter in Sachen Start-up hat es im Oktober gemeinsam mit Gunnar Heilmann von der gfai tech GmbH, Daniel Herfert und Mario Koddenbrock vom GFaI e. V. wieder getan: Sie haben die Bowerbird GmbH gegründet. Das Unternehmen vermarktet einen patentierten Scancode, der sich frei in Form und Farbe nutzen lässt.
Statt des üblichen quadratischen schwarz-weißen QR-Codes lässt sich der Bowerbird-Code beliebig in das Produktdesign, Werbemotive oder Logos einbinden. Aber es geht nicht nur um die Optik, der Scan-Code ist vor allem fälschungssicher. „Wir zielen besonders auf sichere, bargeldlose Zahlungsabwicklungen mit unserem Code. Gerade in asiatischen Ländern ist das gang und gäbe“, erklärt Zwicker. Der 57-Jährige sucht gerade nach einem Investor, der die Firma beim internationalen Markteintritt unterstützt. In zwei Jahren soll das Produkt in Indien und China verbreitet sein. Auslesen lässt sich der Bowerbird-Code übrigens mit einer kostenlosen App des Start-ups, die, wie Zwicker betont, keinerlei Nutzerdaten weitergibt. Selten genug.
Seltenheitswert hat auch, dass eine IT-Firma einen Bogen um die aufgedrehte Start-up-Szene in Mitte macht. Das hat einen guten Grund: „Adlershof liegt uns mehr als Mitte, wo für unseren Geschmack relativ viel Geld für relativ unoriginelle Ideen verbrannt wird“, bemerkt Zwicker kritisch. Die Atmosphäre in Adlershof sei eine grundlegend andere: „Bei Gesprächen im Alltag merkt man: Hier wird Zukunft gebaut.“ Und keine Copycats seriell an den Start geschoben. Zwicker: „Hier wird fokussiert und zielorientiert gearbeitet.“
Von Chris Löwer für Adlershof Journal