Katalysator für neue Technologien
Dr. Rutger Schlatmann zum neuen Kompetenzzentrum PVcomB
Was ist PVcomB?
Rutger Schlatmann: PVcomB ist eine Initiative des Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) und der Technischen Universität Berlin (TU), um mit der Industrie eine leistungsfähige Technologie-Transfer-Einrichtung zu gründen. Für die gesamten Dünnschichttechnologien existiert so etwas weltweit nicht.
Wie entstand die Idee?
Schlatmann: Die Photovoltaik hat im vergangenen Jahr weniger als ein Prozent des deutschen Stroms erzeugt. Bis 2020 soll dieser Anteil auf zehn Prozent steigen. In 50 Jahren wird die Photovoltaik einen Großteil der Stromversorgung leisten. Dafür müssen Kosten und Materialbedarf gesenkt werden. Die Dünnschichtphotovoltaik eignet sich dazu hervorragend. Aber zurzeit wird die junge Technologie in Deutschland noch zu wenig gefördert. Hier setzt PVcomB an: Unterstützung von Industrie, industrienaher Forschung und Ausbildung.
Der Fokus von PVcomB liegt auf der Dünnschicht-Technologie?
Schlatmann: PVcomB konzentriert sich auf Technologien, die mit Dünnschichten auf Glas, Stahl oder Plastikfolien arbeiten und großflächige, industrielle Anwendungen anstreben. Beispiele sind amorphes oder mikrokristallines Silizium, Kupfer Indium Sulfid/Diselenid (CIS), aber später vielleicht auch organische oder polymere Materialien.
Wie arbeitet PVcomB?
Schlatmann: Wir wollen neue PVTechnologien und Produkte zusammen mit der Industrie entwickeln und den Technologietransfer beschleunigen. Dazu betreiben wir industrienahe Laboranlagen in einem eigenen Gebäude. Der Technologie- und Wissenstransfer erfolgt mittels Ergebnissen aus bi- oder multilateralen Forschungsprojekten und durch die Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte. Wir unterstützen Industriepartner bei Produktionsbeginn und der Weiterentwicklung von industriellen Prozessen, aber auch beim Transfer und Hochskalierung von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung von HZB und TU Berlin.
Warum Adlershof?
Schlatmann: Berlin bietet durch seine Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen eine gute Grundlage für die Dünnschichttechnologie. Selbst in Europa ist die geballte Forschungskompetenz einzigartig. Hier in Adlershof wird sie zusammengebracht. In der Hauptstadt und in den neuen Bundesländern arbeitet ein Großteil der europäischen Dünnschicht PV-Industrie. Diese Bündelung von Forschung, Ausbildung und Produktion gelingt nicht an vielen Orten. Transfer muss da stattfinden, wo die Firmen sind. Es ist deshalb eine Initiative, die in Adlershof am besten angesiedelt ist, die aber über Adlershof hinaus strahlt, in die gesamte deutsche und europäische PV-Industrie.
PVcomB beantragt Fördermittel.
Schlatmann: Das Ausland macht keine Unterschiede zwischen Sachsen oder Brandenburg. Da denkt man die Region Ostdeutschland als Standort. Und die wollen wir als Produktionsstandort nachhaltig stärken. Als Branche stehen wir im Wettbewerb mit den USA, Japan und China. Es ist wichtig, auch in der Förderung, im richtigen Maßstab zu denken. Deutschland stellt sich mit dieser Initiative europaweit stark auf. Eine Einrichtung wie unsere benötigt eine gewisse Grundfinanzierung, die nicht vollständig über Projekte einzunehmen ist. Wir haben darum Bundesmittel beantragt im Programm „Spitzenforschung und Innovation in den neuen Ländern“, wobei das Land Berlin bei Bewilligung kofinanzieren wird.
Dr. Rutger Schlatmann (42)
ist Direktor des 2008 gegründeten PVcomB – Kompetenzzentrum Dünnschicht- und Nanotechnologie für Photovoltaik. Schlatmann war zuletzt Manager Forschung und Entwicklung bei der Firma Helianthos-BV, ein Tochterunternehmen des niederländischen Energiekonzerns NV Nuon, das an der Entwicklung von flexiblen, siliziumbasierten Dünnschichtsolarzellen arbeitet. Helianthos wurde 1997 gegründet in der zentralen Forschung des Niederländischen Multinationals Akzo Nobel, wo Schlatmann seine industrielle Laufbahn begann. 1995 promovierte Schlatmann auf dem Gebiet der mehrschichtigen Röntgenoptik.