Kein Neid: Nehring-Venus sieht Optikbranche als 'klassische' Zukunftsindusrie
Staatssekretärin lobt Adlershof und Messe Laser Optics
Interview mit Almuth Nehring-Venus, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen, anlässlich der Laser Optics Berlin vom 22. -24. 03. 2010
Sprechen Sie eigentlich gerne über Lasertechnologien oder sorgen Sie sich um die Branche?
Dazu gibt es keinen Grund. Ich rede sehr gerne über diese Wachstumsbranche. Denn sie entwickelt sich wirklich sehr gut. Das zeigen sowohl die Forschungsergebnisse als auch die florierenden Projekte zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen, die wir durch Wirtschaftsfördermittel teilweise unterstützen. Die Laser Optics Berlin ist ein Teil dieses Erfolgs. Sie ist inzwischen so gewachsen, dass der Standort von Adlershof auf das Messegelände verlegt werden konnte.
Wie hat sich denn die Branche konkret entwickelt?
Hersteller und Zulieferer der Lasertechnik in Berlin-Brandenburg setzten 2008 knapp 250 Mio. € um. Die Zahl der Beschäftigten in den Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes lag im selben Jahr bei rund 1.800. Bei einer Betrachtung des Kompetenzfeldes Optische Technologien - Mikrosystemtechnik kann die Branche 2008 auf einen Umsatz von ca. 2,1 Mrd. € und etwa 13.000 Beschäftigte blicken. Sie entwickelt sich allgemein schneller als der gesamtwirtschaftliche Bereich.
Aber die Krise hat doch bestimmt Spuren hinterlassen....
Leider ja. Geräte, die mit hochpräzisen Lasern arbeiten, sind kostspielig. Manche Unternehmer haben auf geplante Anschaffungen verzichtet oder sie verschoben. Insbesondere Unternehmen, die sich auf Anwendungen in der Automobilindustrie konzentriert haben, waren stark betroffen. Aber: Im Rahmen einer jetzt von der TSB Innovationsagentur Berlin durchgeführten Umfrage unter den Berlin-Brandenburger Lasertechnik-Unternehmen beurteilten lediglich 14 Prozent ihre derzeitige Geschäftssituation negativ. Für das Jahr 2010 werden bereits wieder zweistellige Wachstumszahlen beim Umsatz erwartet. Optische Technologien bleiben eine Wachstumsbranche!
Die Lasertechnologie ist sehr stark von der Forschung getrieben, die ja am Wissenschaftsstandort Adlershof zu Hause ist. Welches internationale Standing haben die Berliner Wissenschaftler?
Das Ferdinand-Braun-Institut, das Max-Born-Institut und auch das Heinrich-Hertz-Institut sind Einrichtungen, die weltweites Renommee genießen.
Die Laser Optics Berlin vom 22. bis 24. März findet im 50. Jubiläumsjahr des Lasers statt. Sowohl berühmte Pioniere von damals als auch Spitzenforscher von heute sind bei dem Kongress dabei. Worauf führen Sie das zurück?
Das weltweite Interesse an der Laser Optics Berlin sehe ich zuallererst als Ausdruck für die Qualität der Arbeit in Wissenschaft und Wirtschaft in der Region. Darauf darf man stolz sein.
Die Messe will Firmen und Forschung zusammenbringen. Wie bewerten Sie das Zusammenspiel von Wirtschaft und Wissenschaft?
Das ist die eigentliche Erfolgsgarantie. Ohne die neuesten Forschungsentwicklungen könnten sich die Firmen gar nicht auf dem Markt durchsetzen. Es gibt viele hervorragende Beispiele für das enge Zusammenwirken. Ein Beispiel aus der Lasertechnik ist eine Kooperation des Max-Born-Instituts mit dem Adlershofer Unternehmen LTB Lasertechnik Berlin: Nach jahrelanger, intensiver Zusammenarbeit von der Grundlagenforschung an konnte LTB ein marktfähiges, laserbasiertes Diagnostikgerät zur Früherkennung von schwarzem Hautkrebs entwickeln, das Gewebeentnahmen und aufwändige Untersuchungen im Labor überflüssig macht.
Was tut der Senat, um für diese Hochtechnologie gute Rahmenbedingungen zu schaffen?
Wir haben den Sektor optische Technologien/Mikrosystemtechnik als eines von fünf Zukunftsfeldern identifiziert, die in Berlin und Brandenburg gemeinsam entwickelt werden. Ganz klar: Optische Technologien gehören schon aus der Tradition heraus zu den Stärken der Region. Mein Ziel ist es, dass sich neue Unternehmen gründen und bestehende wachsen. Natürlich würdigen wir auch die Leistungen der Branche. Die Akteure wissen, dass wir an ihrer Seite sind und ihnen eine hohe Bedeutung einräumen. Von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen haben Berliner Forschungseinrichtungen und Unternehmen 2008 insgesamt 19,6 Mio. € Fördermittel erhalten, 2009 waren es 12,7 Mio. €. Dafür erwarten wir allerdings auch, wie geschehen, die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Werden in punkto Förderung durch Steuergelder klassische Industriebetriebe nicht neidisch?
Nein, denn diesen Unterschied zwischen klassischer Industrie und Zukunftstechnologien gibt es in Wahrheit nicht. Gerade Mikrosystemtechnologien und optische Technologien sind überall zu finden. Es sind Schlüsseltechnologien. Was ist schon klassisch? Schauen Sie sich an, wie moderne Knie- und Hüftgelenke in Berlin entstehen. Dahinter steckt immer auch noch Metallbearbeitung. Und auch Herzschrittmacher sind letzten Endes ein Kapitel industrieller Fertigung. Mit diesen Kategorien „klassisch" versus „innovativ" kommen wir einfach nicht mehr weiter.
Der Senat unterstützt den Aufbau von Netzwerken. Dieses Zusammenbringen von Unternehmern, Forschern, Kollegen und Konkurrenten ist so manchem als Wirtschaftsinstrument suspekt ...
Klar, man kann sich auch tot netzwerken. Aber der direkte Kontakt, der Austausch zwischen Gleichgesinnten, kann ungeheuer effektiv sein. Das beweist auch die Laser Optics Berlin, die ja als Plattform für eben solche Kontakte glänzt. Die Komponente Mensch wird viel zu sehr unterschätzt. Man glaubt immer, die Unternehmer und die Forscher, die finden sich schon von selbst. Stimmt aber nicht. Der Technologietransfer muss organisiert werden. Das machen wir unter anderem durch die Unterstützung von Netzwerken, durch den Runden Tisch Wirtschaft und Wissenschaft und neue Förderprogramme wie den Transfer-Bonus. Dabei nehmen wir Firmen an die Hand, die sich bisher gescheut haben, mit Universitäten und Wissenschaftseinrichtungen zusammenzuarbeiten.
Adlershof ist ein Optik- und Mikrosystemstandort. Welche Entwicklung prognostizieren Sie?
Es ist wirklich interessant: Unternehmen gehen dort hin, wo schon andere sind - selbst wenn es sich um die Konkurrenz handelt! Zum Beispiel haben sich inzwischen 57 Optik-Firmen in Adlershof angesiedelt. Damit haben wir die kritische Masse überschritten und es werden sich noch mehr dazugesellen. Davon bin ich überzeugt.
Über die Laser Optics Berlin
Die Laser Optics Berlin - Internationale Fachmesse und Kongress für optische Technologien und Lasertechnik - findet alle zwei Jahre statt. Mehr als 130 nationale und ausländische Aussteller präsentierten im Jahr 2008 ihre innovativen Produkte und Dienstleistungen auf dem Messegelände am Funkturm. Rund 90 Prozent der 2.650 Besucher waren Fachbesucher. Veranstaltet wird die Laser Optics Berlin von der Messe Berlin in Zusammenarbeit mit der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, den Partnern Max-Born-Institut, OpTecBB, WISTAMANAGEMENT GMBH und dem Laserverbund Berlin-Brandenburg e.V.
Weitere Informationen unter www.laser-optics-berlin.de