Leuchtende Zukunft
Eva Unger forscht zur Materialklasse der Perowskite
Sie können zum Leuchten gebracht – oder zur Stromgewinnung genutzt werden. Perowskite sind Halbleiter, die für den Einsatz in elektronischen Bauteilen hervorragend geeignet sind. Erforscht werden sie von der Materialwissenschaftlerin Eva Unger und ihrem Team an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie am Helmholtz-Zentrum Berlin.
„Perowskit ist ein Sammelbegriff für Materialien mit einer bestimmten Kristallstruktur“, erläutert Eva Unger. Es handelt sich dabei um Halbleiter – Materialien also, die über verschiedene Energieniveaus verfügen. Ein niedrigeres Energieniveau ist in Halbleitern mit Energieträgern belegt, ein höheres nicht. Absorbieren die Materialien nun Energie aus Sonnenlicht, befördert das die Ladungsträger auf das obere Energieniveau. Geben sie die Energie wieder ab, kann diese elektrisch genutzt werden.
Eva Unger und ihr Team forschen zu Halogenid-Perowskiten – Materialien, in denen Halogene wie Brom, Iod oder Chlor eingebaut sind. Für die Solarzellforschung sind diese aktuell besonders interessant. „Gegenwärtig werden in kleinflächigen Perowskitsolarzellen im Labor Wirkungsgrade von 26 Prozent erreicht.“ Dass das eine Erfolgsmeldung ist, zeigt der Vergleich mit Solarzellen aus Silizium, die im Labor einen Wirkungsgrad von knapp 27 Prozent erreichen. „Die Entwicklungszyklen für Perowskitsolarzellen sind dabei deutlich kürzer – unter anderem weil an ihnen weltweit intensiv geforscht wird, aber auch, weil sie sich sehr leicht verarbeiten lassen.“
Halogenid-Perowskite gewinnen die Adlershofer Forschenden kostengünstig aus Lösungen. Hierzu geben sie die späteren „Bestandteile“ des Materials in ein Lösemittel und bringen dieses auf eine Oberfläche auf. Während das Lösemittel verdampft, bilden sich kristalline Perowskitschichten aus. Mit Testreihen, etwa zu Schlitzdüsenbeschichtung, arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit daran, diesen Prozess zu skalieren. So wollen sie dazu beitragen, dass die industrielle Massenfertigung von Perowskitsolarzellen möglich wird. „Bislang existiert kein anderer Halbleiter, der aus Lösungen abgeschieden werden kann und mit dem in Solarzellen so hohe Wirkungsgrade erreicht werden“, betont die Professorin das große Potenzial der Technologie.
Als Hoffnungsträger gelten Perowskite auch deshalb, weil sie sich mit anderen Solarzellmaterialien kombinieren lassen. „Wird eine Perowskitsolarzelle auf eine Siliziumzelle aufgebracht, können Rekordeffizienzen von über 33 Prozent erzielt werden. So lässt sich mit der gleichen Dachfläche deutlich mehr Strom produzieren.“ Auf dem Weg zum großflächigen Einsatz in Solarzellen müssen die Perowskite jedoch noch einige Hürden nehmen. So spielen sich etwa innerhalb der Lösungen, aus denen sie hergestellt werden, komplexe chemische Prozesse ab. Was genau hier vor sich geht, hängt dabei in starkem Maße von den Inhaltsstoffen der Lösung und den äußeren Bedingungen ab – etwa der Temperatur oder dem Druck. „Das bestimmt die chemische Struktur, die Morphologie und die Qualität der Dünnschichtsolarzellenmaterialien.“ Derzeit sind die Forschenden noch dabei, diese Prozesse im Detail zu verstehen.
Mit ihrer anwendungsnahen Grundlagenforschung wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur emissionsneutralen Energiegewinnung der Zukunft beitragen. „Gemeinsam mit Wissenschafts- und Industriepartnern starten wir so zum Beispiel gerade ein Projekt namens SolarTAP. Hier geht es um Material-, Prototyp- und Bauteilentwicklung. So wollen wir die Kommerzialisierung von Perowskitsolarzellen voranbringen.“ Und auch über weitere Kollaborationen, etwa im Rahmen des EU-Projekts VIPERLAB, bringen die Forschenden sich ein. Ihr Ziel: Gemeinsam die Energiewende voranzubringen.
Nora Lessing für Adlershof Journal