Neue Formate für den Austausch mit Start-ups
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit in Gründungs- und Innovationszentren
Es sind bewegte, verrückte Zeiten. Selten hat ein Thema sämtliche Arbeits- und Lebensbereiche so dominiert wie Corona. Start-ups und im Aufbau befindliche Unternehmen sind von den daraus resultierenden Änderungen häufig besonders betroffen. Und so hat die Corona-Pandemie auch Auswirkungen auf die Arbeit in Gründungs- und Innovationszentren.
Auch in der Pandemie sind Gründerinnen und Gründer oder solche, die eine Gründung in Erwägung ziehen, auf Unterstützung angewiesen – unabhängig davon, in welcher Entwicklungsphase sie stecken. Sie brauchen zunächst einmal ein „Zuhause“. Wegbrechende Einnahmen und daraus resultierende finanzielle Herausforderungen stellen besonders Freelancer, Start-ups und kleine Unternehmen vor Probleme. Dennoch: Ungeachtet aller Widrigkeiten zeigt sich beispielsweise im Charlottenburger Innovationszentrum CHIC, im Technologiepark Adlershof oder auch im Gründungszentrum Profund der Freien Universität Berlin (FUB), dass kleine, innovative und wissensgetriebene Unternehmen auf Veränderungen extrem schnell und flexibel reagieren und trotz schwieriger Bedingungen ihren Weg weitergehen. Unterstützung kommt dabei von den Zentren. „Wir kümmern uns ganz intensiv um die jungen Unternehmen“, erzählt Tobias Kirschnick, Teamleiter des Gründungsteams in Adlershof.
Zuallererst geht es um ein sicheres Arbeitsumfeld. „Wir haben Vorgaben für die Universität, die wir auch an die Gründerteams weitergeben – zu Mindestabstand, zur Maskenpflicht im Haus und zu akkurater Reinigung und Desinfektion“, erklärt Steffen Terberl, Leiter von Profund Innovation an der FUB. War es im Sommer noch möglich, sich im großen Garten der Startup Villa mit ausreichend Abstand in der Kleingruppe zu vernetzen, ist das jetzt witterungsbedingt vorbei. Die Start-ups sind seltener vor Ort. Die Gründenden bleiben in ihren Teams oder arbeiten von zu Hause aus. Pandemiebedingt verzichteten viele auf die öffentlichen Verkehrsmittel. „Im Winter“, befürchtet Terberl, „wird alles noch mal anders.“ Beratungstermine und Veranstaltungen laufen nur noch online. Die Beratungsschwerpunkte hätten sich zum Teil verlagert, von der Beratung hin zum Krisenmanagement. Das gelte aber nur für wenige Fälle.
In Charlottenburg ist Lars Hansen optimistisch. „Bislang“, sagt der Leiter des Innovationszentrums CHIC, „gibt es keine erheblichen Auswirkungen bis auf die Tatsache, dass einige Firmen wieder aus dem Homeoffice arbeiten und weniger Personen im Gebäude sind. Einen Grund dafür sieht Hansen darin, dass im CHIC Firmen in aller Regel ihre Räume erst etwa sechs bis zwölf Monate nach der Gründung beziehen. „In deren Fokus steht die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Dabei unterstützen wir auch während der Pandemie mit Informationen über Fördermittel, durch den Austausch unter den Firmen, durch Flexibilität bei der Infrastruktur wie beispielsweise durch Erweiterungen oder Verkleinerungen von Mietflächen, der Ausweitung unserer Services und Ähnliches.“
Auch Tobias Kirschnick findet, dass die etablierteren Unternehmen gelassener durch die Krise gehen, „sich um sich selbst kümmern“. Dennoch ist Beratung auch für Kirschnick das Mittel der Stunde. „Wir helfen über Informationen.“ Unter anderem mit einem Newsletter, der Wege aufzeigt, wie man an Hilfs-, Förder- oder Forschungsgelder kommt. Auch in Adlershof gibt es die Firmen, die von der Pandemie profitieren, die neue, pandemiebezogene Produkte und Dienstleistungen entwickelt haben, und solche, die darunter leiden, weil ihnen Märkte oder Zulieferer wegbrechen.
Zudem fehlt vielen Start-ups der analoge Kontakt zum Team oder anderen Unternehmen. Die für Start-ups so wichtigen Events zum Ideen- und Hilfsaustausch fallen zwar nicht weg, müssen jedoch in neuen Formaten organisiert werden. Digitales Netzwerken ist eine Herausforderung in der Pandemie. „Der Bedarf an Austausch ist riesig“, erzählt Steffen Terberl. „An unseren Stand-up-Meetings nehmen online zum Teil doppelt so viele Personen teil wie zuvor offline. Online haben wir zudem die Chance, auch mit den Gründungsteams außerhalb der Startup Villa eng in Kontakt zu bleiben.“ Jetzt, wo es kälter würde, finde das bilaterale Gespräch dann auch mal beim Spaziergang um den Block statt. „Das werde ich persönlich sicherlich beibehalten“, meint Terberl, „weil Bewegung den Kopf frei macht.“ Auch Tobias Kirschnick ist optimistisch. „Das Maß der Maßnahmen ist wichtig. Am Ende wollen die Unternehmen lieber arbeiten, vorankommen“, beschreibt er die Lage in Adlershof.
Von Rico Bigelmann für Potenzial – Das WISTA-Magazin