Standort mit Selbsthilfepotenzial
Fonds Fortuna bringt Unternehmen wieder auf Kurs
Jede Insolvenz hat ihre eigene Biografie: Oft kündigt sie sich schleichend an. Manchmal gibt es einen kurzzeitigen Hoffnungsschimmer, der angesichts der Probleme jedoch schnell verglüht. Nur selten kommt das Ende wirklich überraschend.
„Die Art des unternehmerischen Scheiterns mag von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein, die Ursachen, die in diese Sackgasse führen, sind jedoch immer die gleichen“, so die Erfahrung von Prof. Dr. Klaus Däumichen, Geschäftsführer der Adlershofer Dependance der TSB Technologiestiftung Innovationsagentur Berlin GmbH. Eine falsche Marktstrategie, spärlich gefüllte Auftragsbücher und eine viel zu dünne Kapitaldecke gepaart mit lückenhaftem betriebswirtschaftlichen Know-how und unzureichender Managementerfahrung potenzieren sich und entwickeln eine gefährliche Eigendynamik. Patentrezepte, mit denen sich diese Spirale des Scheitern stoppen ließe, gibt es bislang nicht. Teilweise hat es sogar den Anschein, als würden Wirtschaft und Politik dem leisen Sterben einfach tatenlos zusehen. Mit ihrem Selbsthilfefonds Fortuna will die TSB nun zeigen, dass es auch in ernsthaften Krisensituationen Möglichkeiten gibt, das Ruder herumzureißen und schlingernde Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen.
Technologisches Trouble-Shooting
„Fehlende Finanzmittel sind zwar immer das Symptom des Scheiterns, aber niemals die Ursache. Die wirklichen Gründe liegen meist viel tiefer. Wer nur die Symptome behandelt, ohne die Ursachen zu bekämpfen, verlängert nur das Sterben“, macht Prof. Däumichen deutlich. Deshalb soll der Fonds auch wesentlich mehr als eine reine Finanzspritze sein. Vielmehr versteht man sich als private Trouble-Shooting-Initiative, die vor allem mit Kontakten, Kompetenz und Konzepten hilft. So konzentriert sich die Hilfestellung in erster Linie auf die Entwicklung von Marktstrategien, die Einbindung in Netzwerke, die Vermittlung von Kooperationspartnern sowie die Generierung von Aufträgen. Trotzdem jeder in den Fonds eingezahlte Euro durch EU- Mittel noch einmal um die gleiche Summe aufgestockt wird, soll die finanzielle Unterstützung bestenfalls eine begleitende Rolle, keinesfalls jedoch die Hauptrolle spielen.
Zukunftsperspektiven als Zielstellung
„Obgleich es den Fonds Fortuna eigentlich erst seit Ende April gibt, konnten wir bereits in zwei konkreten Fällen erfolgreich helfen“, verrät Prof. Däumichen stolz. Im ersten Fall ging es um die Vorfinanzierung eines größeren Kundenauftrags. Ein unterzeichneter Auftrag lag vor und der Kunde ging zu 40 Prozent in Vorleistung, dennoch verweigerten die Banken dem Adlershofer Unternehmen einen Kredit über die fehlenden 60 Prozent. Begründung waren fehlende Sicherheiten, die instabile Auftragslage des Unternehmens sowie das mit 63 Jahren angeblich zu hohe Alter des Unternehmers. Auf Initiative des Fonds Fortuna erklärten sich fünf auf dem Wissenschafts- und Technolgiepark Adlershof ansässige Firmen unter Auflagen bereit, das angeschlagene Unternehmen zu unterstützen. Begleitet von der TSB wurde das Unternehmenskonzept so weit überarbeitet, dass die von der Firma entwickelte Messlösung den Einstieg in weitere Marktnischen ermöglicht und dem Unternehmen somit eine vernünftige Zukunftsperspektive bietet. Bis Ende des Jahres wird das Unternehmen den fünfstelligen Betrag zu einem Bank üblichen Zinssatz an seine Förderer zurückzahlen.
Nützliche Netzwerke
Seit der ersten Presseveröffentlichung Anfang Mai geht täglich eine Flut von Anfragen zum Fonds Fortuna in der TSB-Geschäftsstelle ein. Nicht nur von Hilfe suchenden Unternehmen, sondern auch von Firmen und Einzelpersonen, die in Not geratenen Unternehmen unter die Arme greifen wollen. So z.B. ein junger Diplom-Betriebswirt, der sich sowohl fachlich als auch finanziell in ein technologieorientiertes Unternehmen einbringen möchte. Über den Fonds Fortuna wurde der Kontakt zu einem etablierten Technologieunternehmen hergestellt, das aufgrund von Managementfehlern in die Schieflage geraten war. Mit dem betriebswirtschaftlichen Know-how des neuen Gesellschafters überarbeitete man unter Regie der TSB das Unternehmenskonzept und wird sich künftig mit deutlich weniger Personal ausschließlich auf Segmente mit hohem Zukunftspotenzial konzentrieren.
„Technologiestandorte mit sehr dichten Netzwerken wie Adlershof, Wuhlheide oder Spreeknie bieten die besten Voraussetzungen, Krisen aus eigener Kraft zu bewältigen. Denn wer sich einmal auf ein funktionierendes Netzwerk verlassen konnte, wird im Ernstfall auch anderen Netzwerkspartnern mit Know-how, Kontakten und manchmal natürlich auch mit Kapital unter die Arme greifen“, so die Einschätzung von Klaus Däumichen.
Ariane Steffen
Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Däumichen
Tel.: 6392-5171