Stehaufmänner vom Fotolabor
Die ersten Mieter im Zentrum für IT und Medien (ZIM 3)
Adlershof ist das Ergebnis eines erfolgreich bewältigten Strukturwandels. Darüber lassen sich viele Geschichten erzählen. Wie die von Lothar Muth und Bernd Haase. Sie haben ihre Branche sterben sehen. Statt zu resignieren, gründeten die beiden Ingenieure ein Digital Service Center. Nächstes Frühjahr ziehen sie ins neue Zentrum für IT und Medien (ZIM 3).
Neuanfang in der Nische
„An machen Tagen entwickelten wir 70.000 Filme pro Tag – zwei Millionen Fotos“, erinnert sich Lothar Muth. Das war vor zehn Jahren. Damals arbeitete der Fotoingenieur in einem von fünf Berliner Großlabors. Keines überlebte den Siegeszug der Digitalkamera. Muth verlor seinen Job genauso wie alle anderen Kollegen. Zusammen mit dem Nachrichtentechnik-Ingenieur Bernd Haase beschloss er weiterzumachen. „Wir haben uns noch am Tag der Kündigung hingesetzt und uns überlegt, was wir jetzt anfangen“, berichten sie. Beide waren zwei Jahrzehnte in der Fotobranche tätig. Was lag näher, als daran anzuknüpfen. Bloß digital statt analog. Und in Nischen statt im Hauptstrom der zig Millionen Urlaubs-, Hochzeits- und Weihnachtsfotos mitzuschwimmen.
Digital statt analog
„Uns war klar, dass wir gegen große Online-Entwickler nicht den Hauch einer Chance haben“, sagt Muth. Stattdessen restaurieren und digitalisieren sie heute alte Analogfotos, Negative und Dias. Sie bieten professionelle Bildbearbeitung oder suchen mit all denen, die zwar digital fotografieren, aber keine Rechner zu Hause haben, Motive für Abzüge aus. Neben dem eigenen Fotostudio für Pass-, Bewerbungsfotos und Porträts machen sie auch Luftaufnahmen mit einer Drohne.
Als zweites Standbein übertragen sie alte Tonträger in digitale Formate – Schellackplatten, LPs oder Musikkassetten. „Klar, dafür gibt es Geräte für 79 Euro im Elektrohandel. Das wissen auch unsere Kunden und haben damit oft schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt Muth trocken. Trotz aller Billigangebote gibt es Nachfrage nach professionell ausgeführter Arbeit. Insofern lohne sich die Anschaffung eines über 1.000 Euro teuren Gerätes zur Digitalisierung von Schellackplatten.
Im Frühjahr ins ZIM3
Nach Adlershof gingen die beiden, weil sie hier für ihr Unternehmen geeignete, bezahlbare Räume an der Rudower Chaussee fanden. „Der Standort hat sich im Grunde genommen bewährt“, erklärt Muth. Allerdings hatte er auf etwas mehr Publikumsverkehr am Wissenschaftsstandort gehofft. Den könnte es nach ihrem Umzug geben, denn Muth und Hase sind die ersten Mieter im neuen Zentrum für IT und Medien (ZIM3). Das Gebäude lässt die WISTA-MANAGEMENT GMBH gegenwärtig mit Unterstützung durch Land, Bund und Europäische Union (EFRE-Mittel) für 8,6 Mio. Euro an der Ecke Am Studio/Albert-Einstein-Straße herrichten. Das Architektenbüro Numrich Albrecht Klumpp gibt dem einstigen dreistöckigen Ärztehaus ein junges, modernes Gesicht – und ein viertes Stockwerk. Insgesamt sollen nach Fertigstellung im Mai 2011 rund 5.200 Quadratmeter für IT- und Medienunternehmen bereitstehen. Und weil sicher Gründer und Unternehmer darunter sein werden, die ihre Nischen finden und besetzen müssen, bietet der Standortbetreiber ihnen viel Flexibilität: Büroflächen sind ab 20 Quadratmeter zu haben.
von Peter Trechow