Stundenplanung in Sekundenschnelle
Chemieunterricht vom Musiklehrer in der Turnhalle? Einen sinnvollen Stundenplan zu erstellen, ist kein Kinderspiel. Ein neuartiges Programmierverfahren schafft in Sekunden, wozu Planer oft mehrere Wochen brauchen.
Endlich Ferien! Während Schüler und Studenten sie am kühlen See genießen können, steht Rektoren und Planern der Arbeitsschweiß auf der Stirn: Die undankbare Erstellung der Stundenpläne ruft. Auch heute noch wird sie meist von Hand erledigt. Auf einer Tafel verschiebt und sortiert die Lehrerschaft Kärtchen mit Namen oder Fächern so lange, bis alles zu passen scheint, bis jede Veranstaltung am richtigen Ort stattfindet, Dozenten nur dann eingesetzt werden, wenn sie verfügbar sind, und Studenten nicht an zwei Veranstaltungen gleichzeitig teilnehmen müssen. Es sind die vielen Randbedingungen (neudeutsch constraints), die die Stundenplanung zu einer langwierigen und komplizierten Arbeit machen: Sie kann Tage oder sogar Wochen in Anspruch nehmen. Mit einem Constraint-basierten Programmierverfahren, das Forscher des Fraunhofer-Instituts für Rechnerarchitektur und Softwareplanung FIRST entwickelt haben, ist ein widerspruchsfreier Veranstaltungsplan dagegen in Sekundenschnelle erstellt – auch in nahezu aussichtslos erscheinenden Fällen.
Bei der klassischen Programmierung werden die unendlich erscheinenden Kombinationsmöglichkeiten Schritt für Schritt durchprobiert. Erst anschließend folgt ein Abgleich mit den Randbedingungen. Eine schnelle und genaue Lösung komplexer Aufgaben ist meist nicht möglich. »Die Constraint-Methode dagegen nutzt die Randbedingungen aktiv, um die Lösung einzugrenzen«, erklärt Hans-Joachim Goltz von der FIRST-Abteilung Planungstechnik PlanT. »Ein Beispiel dafür: Ein Sportlehrer darf nicht Musik im Chemieraum geben. Die Suche erfolgt daher unter einer wesentlich kleineren Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten.« In einem interaktiven Modus hat der Anwender die Möglichkeit, einzelne Veranstaltungen von vornherein auf einen bestimmten Ort oder Termin festzulegen oder sie nachträglich zu verschieben. Wechselt der Planer wieder in den automatischen Modus, haben die von ihm getroffenen Entscheidungen Vorrang und werden nicht zurückgenommen.
Planer von der Charité-Universitätsmedizin Berlin lassen den Vorlesungsplan bereits durch die Constraint-Programmierung erstellen: Studenten aus neun Semestern, rund 600 Veranstaltungen pro Woche und 70 Räume an verschiedenen Standorten müssen organisiert werden. »Auch in der Wirtschaft wird die Constraint-Programmierung mehr und mehr zum Goldstandard werden«, ist sich Goltz sicher. »Schon heute gibt es etliche Firmen, die sie kommerziell einsetzen, beispielsweise in der Verkehrsplanung.«
Weitere Informationen:
Mirjam Kaplow
Tel.: 6392-1808