Zur Starthilfe in die Gründerwerkstatt
Adlershofer Talenteschmiede zieht nach einem Jahr positive Bilanz
Seit einem Jahr gibt es die Gründerwerkstatt Adlershof. Sie fördert technische und technologieorientierte Teamgründungen auf dem Campus. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.
Der Vertriebschef braucht konzernweite Vertriebszahlen. Nicht in drei Tagen, sondern sofort. Nicht einmal monatlich, sondern täglich. Oft genug sind etliche Mitarbeiter noch damit beschäftigt, PDF-Dateien zusammenzustellen und – asap („as soon as possible“) – dem Chef zu mailen. „Das kostet Zeit und ist unproduktiv“, dachten Khanh Tuong und Carsten Meyer. Also gründeten sie die Kiwi Intelligence UG. Das Start-up bietet eine Software an, die weitgehend automatisiert, die richtigen Daten zur richtigen Zeit an die richtigen Personen liefert. „So unterstützen wir Führungskräfte, gute Entscheidungen zu fällen“, sagt Tuong.
Richtig entschieden hat auch das Duo, indem es in die Gründerwerkstatt Adlershof (GWA) einzog, um ihre Idee zum Fliegen zu bringen. „Für Leute, die gerade loslegen, sind die Bedingungen hier hervorragend“, lobt Tuong. Nicht nur, weil Gründer ein Jahr lang mit einem Stipendium von 1.500 Euro monatlich gefördert werden und ein kostenfreier Arbeitsplatz mit entsprechender Infrastruktur im hauseigenen Coworking-Space IM.PULS zur Verfügung steht, sondern auch, weil wertvolles Wissen quasi frei Haus geliefert wird: „Äußerst hilfreich sind die Workshops und Coachings von Praktikern, die nah an der Wirtschaft sind“, sagt Tuong.
Außerdem gibt es Mentoringangebote sowohl in den Technologiefeldern Photovoltaik, erneuerbare Energien, Photonik, Optik, Biotechnologie, Umwelt, Mikrosysteme, Materialien, IT und Medien, als auch Coaching in beispielsweise Finanzierungsfragen oder Teambildung, berichtet Tobias Kirschnick, Leiter der GWA. Er selber steht den Gründern mit Rat und Tat zur Seite, zumal er selbst bereits ein Start-up auf die Schiene gesetzt hat. Allerdings: „Wir überfrachten niemanden mit Workshops und Informationsveranstaltungen. Schließlich sollen und wollen die Gründer an ihren Ideen arbeiten – und dies weitgehend eigenständig.“ Außerdem ergeben sich Netzwerke, gegenseitige Hilfen oder Kontakte zu Mentoren oft genug von allein, ist Kirschnicks Erfahrung.
Nach einem Jahr GWA zieht er eine positive Bilanz: „Es sieht so aus, dass alle geförderten Firmen überleben werden. Das Konzept funktioniert.“ Besonders freut ihn, dass sich junge Unternehmen aus dem Adlershofer Umfeld aus den unterschiedlichsten Bereichen durch die GWA weiterentwickeln können: Von Drucktechnik über Wasseraufbereitung bis zur Satellitenkommunikation ist alles dabei. Insgesamt werden 32 Gründerinnen und Gründer in 14 Start-ups mit Geldern des Europäischen Sozialfonds (ESF) und mit vom Berliner Wirtschaftssenat bereitgestellten Mitteln gefördert.
Zu ihnen zählen auch Florian Herrmann und Uwe Lebelt. Die Gründer und Chefs der Auxolar GmbH sitzen zwar bereits im Adlershofer Zentrum für erneuerbare Energien und Photovoltaik (ZPV), wollen aber weiter über die GWA an ihrer Geschäftsidee feilen und expandieren. Auxolar integriert Solaranlagen in Mehrfamilienhäuser, um so die dezentrale Energieversorgung voranzubringen und gleichzeitig, insbesondere bei Mietverhältnissen, die Nebenkosten zu senken, weil nun jeder Mieter seinen eigenen Sonnenstrom produziert und selbst verbraucht. Herrmann schätzt die GWA als Starthelfer: „Zum einen ist das ein finanziell attraktives Programm und zum anderen bietet Adlershof als Technologiestandort mit einer Reihe potenzieller Partner ein hervorragendes Umfeld für unser Geschäft.“ Hier ließen sich Kontakte sehr gut knüpfen, gerade im Bereich Technik und Vertrieb. „Und der Austausch mit den anderen Gründerteams ist auch fruchtbar“, betont Herrmann. Für ihn keine Frage, dass die Firma auch nach dem Auslaufen der GWA am Standort bleiben wird: und zwar „definitiv“.
Von Chris Löwer für Adlershof Journal