Große Herausforderungen, große Verantwortung: Warum Verantwortung auch bedeutet, Zuversicht zu verbreiten
Ein Interview mit Roland Sillmann, CEO der WISTA Management GmbH
Mit den Grand Challenges kommt die große Verantwortung. “Und auch die Chancen”, weiß Roland Sillmann, CEO der WISTA Management GmbH. Für ihn gilt: lieber Verantwortung übernehmen, statt sich zurücklehnen. Lieber mitgestalten, als fremdbestimmt zu sein. Welche Verantwortung übernimmt WISTA in Anbetracht der globalen Herausforderungen? Welche Verantwortung tragen CEOs und warum gehört zur Verantwortung auch, Zuversicht zu verbreiten? Ein Interview.
Herr Sillmann, was denken Sie als CEO: Kommt mit der Rolle die Verantwortung oder mit der Verantwortung die Rolle?
Ich denke, Menschen, die gern Verantwortung übernehmen, bekommen fast automatisch auch verantwortungsvolle Rollen. Dagegen halte ich es für schwierig, darauf hinzuarbeiten, CEO zu werden.
Ihr Ziel war das nie?
Nein. Ich komme aus einem Arbeiterhaushalt, war der erste Akademiker in der Familie und träumte davon, irgendwann Entwicklungsingenieur zu werden. Dadurch, dass ich aber immer gern Verantwortung übernommen habe – und vom Naturell her auch lieber aktiv mitgestalte, statt passiv zuzuschauen – ergaben sich für mich immer wieder verantwortungsvolle Rollen. Ich bin da reingerutscht.
Sie kommen aus dem Mannschaftssport, waren Fußballspieler, Kapitän und später Jugendtrainer. Wie hängen die Rollen des Trainers und CEOs für Sie zusammen?
Für mich ist das Bindeglied der Erfolg. Ich mag Erfolg, das ist einfach so. Nur haben mich die Erfolge als Trainer immer glücklicher gemacht, als die, die ich als Spieler hatte. Denn als Spieler entwickelt man ja nur sich selbst. Als Trainer:in dagegen ganze Teams! Das ist ein wichtiger Hebel, finde ich. Hinzu kommt, dass ich als Trainer beobachten kann, welchen Effekt mein Handeln und meine Entscheidungen haben. Ich kann dabei zusehen, wie sich Teams weiterentwickeln, sich verbessern, Gelerntes umsetzen, Erfolge erleben – und auch Misserfolge: Das alles finde ich sehr reizvoll.
Was bedeutet das alles übertragen auf ihre Rolle als CEO? Bei WISTA tragen Sie immerhin Verantwortung für mehr als 24.000 Menschen. Worin besteht hier der Reiz?
Die absolute Verantwortung trage ich zunächst mal nicht allein: Jede:r in Adlershof arbeitet eigenverantwortlich. Ich bin aber verantwortlich dafür, dass diese sehr vielen, sehr kompetenten Menschen einen Rahmen vorfinden, in dem sie sich möglichst gut verwirklichen können. Denn ihre Arbeit verfolgt auch extrem wichtige und sehr ambitionierte Ziele – persönliche, wirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche. Es sind Ziele, die über Deutschland hinausgehen, die Lösungen für die globalen Herausforderungen bieten sollen. Ziele, die den Wandel positiv gestalten und optimistisch in die Zukunft blicken lassen. Menschen dabei zu begleiten, finde ich schon sehr bedeutend. Aber die Erfolge, von denen alle profitieren können, mitzuprägen, toppt diesen Reiz erst für mich.
Würden Sie drei Ihrer Leitfragen teilen, die Sie sich regelmäßig im Hinblick auf die Ziele der WISTA stellen? Und auch welche Formeln sie Ihnen liefern?
Ja, ich frage mich immer:
- Ist das, worum es geht, grundsätzlich gut – gut für Berlin, gut für Deutschland, gut für die ganze Welt? Wenn ich das bejahen kann, stelle ich die Frage nach dem Benchmark:
- Gibt es bereits eine Einrichtung, die das schon macht – und die es gut macht? Oder könnten wir es bei WISTA noch besser? Wenn ich hier zum Ergebnis komme, dass wir geeigneter wären:
- Dann stelle ich die Frage nach den Kapazitäten und Ressourcen: Ist Effizienz gewährleistet?
Passt alles, darf unsere Job Description der Lösung auf keinen Fall im Weg stehen. Denn Verantwortung zu übernehmen, bedeutet auch oft, über die eigenen Kernaufgaben hinauszugehen.
In welchen Fällen bleibt die WISTA nicht bei ihren Leisten? Und aus welchen Gründen machen Sie dann einen Unterschied?
Der akute Mangel an Arbeits- und Fachkräften ist ein gutes Beispiel. Er drosselt Unternehmenserfolge und gefährdet ganze Wirtschaftsstandorte. Wir begegnen dieser Problematik, indem wir beispielsweise das Handwerk digitalisieren. Dazu bringen wir digitale Startups mit Handwerksbetrieben zusammen. Wir entwickeln moderne Gewerbehöfe in Berlin und schaffen Räume, in denen Innovationen stattfinden können. Das machen wir, obwohl es außerhalb unserer ursprünglichen Kernaufgaben liegt, weil es absolut notwendig ist. Außerdem fühlen wir uns, als Schnittstelle vieler Professionen, auch einfach dazu verpflichtet.
Auch Ruf verpflichtet: Deutschland ist weltweit bekannt für technologische Innovationen. Welche Verantwortung trägt WISTA bezogen auf zukunftsweisende Technologien und die Stärkung Deutschlands als innovativer Wirtschaftsstandort?
Wir setzen auf die drei Säulen der Hightech-Strategie des Bundes: Grand Challenges, Wagniskultur und Schlüsseltechnologien. Bei WISTA schaffen wir die Rahmenbedingungen dafür, dass versierte Entwickler:innen an eben diesen dringend benötigten Schlüsseltechnologien arbeiten. Ein Beispiel ist der Bereich Solar: Im Technologiepark Adlershof halten wir den Weltrekord für den höchsten Wirkungsgrad von Solarzellen. Das Helmholtz-Zentrum hat ihn sogar mehrfach aufgestellt. Die Forschenden sagten, das sei nur gelungen, weil verschiedene Forschungseinrichtungen zusammengearbeitet haben. Genau dafür schafft WISTA den Rahmen, das Netzwerk und den Austausch. Plus – denn dieser Wirkungsgrad darf keinesfalls im Labor bleiben: WISTA unterstützt den Ideen- und Wissenstransfer in die Wirtschaft hinein. Wir verantworten also auch den Systemaufbau zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Das ist der Luxus des operativen Geschäfts.
Sie haben bei WISTA auch den Luxus – und damit zusätzlich die Verantwortung – ein Stück weit in die Zukunft blicken zu können.
Richtig. Denn es reicht ja nicht, nur am Puls der Entwicklungen zu sein: Wir beschäftigen uns intensiv mit Zukunftsforschung. Warum? Um antizipieren zu können, welche Trends und Tendenzen in den nächsten drei bis fünf Jahren relevant sein werden. Und hier hört es nicht auf: Denn wir müssen aus diesem Wissen auch Thesen ableiten und gezielt Impulse in die Wirtschaft senden. Zwei Beispiele: Wir haben 2017 prognostiziert, dass Talentmarketing zu einer wichtigen Größe im B2B-Segment avancieren wird – und auch entsprechend Impulse gesetzt. Was 5G betrifft, so haben wir nicht nur auf die zukünftige Relevanz hingewiesen: Wir haben massiv in den Ausbau eines eigenen 5G-Campus-Netzwerks investiert. So bieten wir Institutionen und Unternehmen auch die Möglichkeit, diese Technologie in der Praxis kennenzulernen. Denn Fakt ist: Der Wandel passiert sowieso. Die Frage ist: Wie agieren wir rechtzeitig, verantwortungsvoll und gestalten die Zukunft positiv?
Wie würden Sie das beantworten? Was gehört dazu?
Nun, ich finde, es braucht mehr als Lösungen: Es braucht Optimismus. Und ich kann einen optimistischen Blick in die Zukunft prägen, indem ich selbst zuversichtlich bin. Für mich persönlich ist Zuversicht das Learning aus der Pandemie. Ich finde, Zuversicht ist ein Leadership Skill. Zuversicht zu kultivieren, sie vorzuleben, sie zu verbreiten, liegt aus meiner Sicht in der Verantwortung von CEOs. Als ich im April 2020, mitten im ersten Lockdown, in der Abendschau versprach, dass Adlershof gut durch die Pandemie kommen – sogar weiter wachsen würde – konnte ich das logischerweise noch nicht zu 100 Prozent wissen. Aber ich war zuversichtlich. Und ich blieb es auch. Das Ergebnis unserer Zuversicht in Adlershof war, dass wir innerhalb von zwei Jahren um 21 Prozent gewachsen sind. Auch deswegen erachte ich Zuversicht als eine der wichtigsten Führungsqualitäten. Wir brauchen Zuversicht, um innovativ zu arbeiten und eine positive Zukunft zu gestalten. In der Defensive wird das wohl kaum möglich sein.
Vielen Dank für das Interview, Herr Sillmann.
Das Interview führte Despina Borelidis.