Der Fan am Ende der Welt
Musikerkarrieren werden heute im Internet gemacht
„Performed“, „Major Label“ oder „gesignt“ – die Diktion der Musikwelt benutzt Hajo Janssen ganz selbstverständlich. Dabei studierte er ursprünglich Politikwissenschaften. Seit seiner Kindheit gehört aber Musik immer dazu. Er lernt Klavier und Cello, später legt er im ostfriesischen Heimatort Platten auf, produziert mit den No Angels und komponiert Filmmusik. Schließlich studiert er Musikmanagement und landet 2007 als Geschäftsführer beim Musikportal Dooload in Adlershof. Das Musikportal öffnet Musikern fast 400 Shops im Internet. Denn klassische Vertriebswege stehen ihnen heute kaum noch zur Verfügung, sagt Janssen.
Musikerkarrieren von der Straße weg, das gibt es nicht mehr. Davon ist der Musikmanager überzeugt. Wer als Künstler heute von seiner Kunst leben will, muss „die Nase aus dem Wasser heben“, selbst aktiv werden und neue Vermarktungswege nutzen. Musikportale im Internet zum Beispiel. Die bieten „irrsinnige Chancen“. Welche Art von Musik man macht, ist dabei fast egal, glaubt Janssen. Über das Netz wird noch der letzte Fan gefunden, auch am anderen Ende der Welt.
Über die Tauschbörse zum Hit
Als erste echte Netzgeburt in Sachen Musik gilt die britische Band Arctic Monkeys. Als sie 2003 startete, brannte sie Proberaumaufnahmen auf CD und verteilte diese kostenlos. Fans stellten die Aufnahmen zum Download ins Netz. Tauschbörsen lösten eine Lawine aus, die bis zum weltweiten Hitparadenerfolg führte.
„Das Internet hat eben keine Grenzen“, sagt Hajo Janssen und untermauert seine Aussage mit einem seiner Lieblingsautoren. Der US-amerikanische Journalist Chris Anderson, behauptet in „The Long Tail – Nischenprodukte statt Massenmarkt.“, dass das Internet und die fast unbegrenzte Auswahl, die es bietet, traditionelle Geschäftsmodelle umstößt.
Das bedeutet für die Musik: Es gibt keine Flops mehr. Wenn ein Song über das Internet nur breit genug gestreut wird, glaubt Janssen, findet er auch einen Markt. Wegen der geringeren Kosten ist der Verkauf – auch von kleinen Stückzahlen – ein lohnendes Geschäft. Es lebe die Nische! War sie früher zu klein, war der Vertrieb zu teuer. Kein Markt – keine Chance für den Künstler. Die Musikindustrie war der „Gatekeeper“ am Tor zum Erfolg.
Heute hat sie den Posten an Apple abgetreten. Deren Online-Musikbörse iTunes ist der neue Altar des Erfolges. Um hier jedoch angebetet zu werden, muss der Musiker selbstständig für gute Argumente sorgen. Ein Platz auf der Startseite der Shops kostet harte Überzeugungsarbeit, weiß Janssen. Die leistet Dooload, wenn der Künstler das will.
Werkzeug für die Künstlerselbstvermarktung
2006 ging das Unternehmen an den Start. Gegründet von einem anderen Adlershofer – Michael Probstel, Geschäftsführer der Navigo Capital und André Winkler. Die Musikindustrie hatte sich seit Ende der 1990er enorm verändert. Die Audiokompression MP3 versetzte der CD fast den Todesstoß. Über Internetportale wie YouTube oder MySpace nahmen immer mehr Künstler ihre Karriere selbst in die Hand. Während diese Plattformen vorwiegend der Präsentation dienten, war die Dooload-Idee eine andere. „Wir wollen das Werkzeug für die Künstlerselbstvermarktung sein“, sagt Janssen. Dooload verschafft seinen Musikern Zugang zu 360 verschiedenen Netz-Shops, bietet Marketingwerkzeuge und CD-Pressung, ist Musikverlag und bringt seine Künstler ins Radio, ins Fernsehen oder auf Festivals. Inzwischen beheimatet das Portal fast 600 Künstler. Ein mittleres Independent Label betreut heute etwa zehn bis fünfzehn. Mehr als 6.000 Musikstücke sind an die Shops ausgeliefert worden.
Rico Biegelmann
Link: www.DooLoad.de