Der kognitive Ironman-Anzug
Das Start-up Zixio aus dem CHIC entwickelt maßgeschneiderte Software und digitale Produkte im Bereich kognitiver Systeme und KI
Joanna Czarneckas Vater war Unternehmer und Künstler in Polen. Von ihm hat sie gelernt, dass Selbständigkeit harte Arbeit bedeutet. Trotzdem gründete sie gemeinsam mit Andreas Salzmann 2019 das Unternehmen Zixio, das maßgeschneiderte Software und digitale Produkte im Bereich kognitiver Systeme sowie künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt.
Angefangen hat ihr Unternehmerinnenleben mit Sofas – und der Idee, Spezialwissen in digitalen Verkaufsprozessen verfügbar zu machen. „Wer früher in den Fachmarkt ging, um etwas zu kaufen, sei es einen Fernseher oder ein Sofa, der hat sich dort das Personal geschnappt“, erzählt sie. Im Onlinehandel fehlt das in der Regel. Ein Versandhändler interessierte sich für die Thematik, ein Prototyp wurde entwickelt und ein Vergütungssystem erdacht: eine Provision aus dem Verkauf für die erbrachte digitale Beratung. Die Resonanz war erfreulich, auch in finanzieller Hinsicht. „Wer in diesem Markt wachsen will, der braucht Kapital, jede Menge Kapital“, erinnert sich Czarnecka.
Fremdes Kapital bedeutet immer einen Verlust der Unabhängigkeit. Wer zahlt, will auch entscheiden. Also wurde ein hybrides Businessmodell entwickelt, vom Business-to-Business-to-Consumer (B2B2C) in den B2B-Markt umgeschwenkt, einerseits nutzer:innenfreundliche Softwaresysteme für den Medizinbereich und die Industrie entwickelt und gleichzeitig eigene Innovationen im Bereich hochspezifischer komplexer kognitiver Systeme und KI. „Beides bereichert sich gegenseitig“, sagt Joanna Czarnecka. „Wir wollten immer auf eigenen Beinen stehen – ohne fremdes Kapital.“
In einer Welt, die zunehmend von digitalen Technologien geprägt ist, spielen kognitive Systeme eine zentrale Rolle. Aber die Welt funktioniert nicht ausschließlich über das Sammeln von Daten und deren Verarbeitung, weiß die Gründerin.
„Wir stehen vor der Aufgabe, menschliches Wissen und Erfahrungen in komplexe kognitive Systeme zu integrieren und es darin zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle zugänglich zu machen.“ Zixio will „empowern, Sachen schneller und effizienter zu schaffen. Wir kleiden Menschen in einen kognitiven Ironman-Anzug“.
Die Zixio-Technologie verbindet künstliche Intelligenz (KI) mit qualitativen Methoden sowie Ansätzen aus den Sozialwissenschaften – insbesondere der Anthropologie. Der hybride Ansatz fokussiert sich auf hohe Qualität und erfordert eine Spezialisierung auf spezifische, wissensintensive Kontexte. Ziel ist es, Menschen die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt bereitzustellen. Die Technologie übernimmt dabei sowohl beratende als auch unterstützende Funktionen, indem sie situatives Wissen, Kontextverständnis und adaptive Lösungen vereint – ein Novum für wissensintensive Bereiche wie Beratung, Gesundheit und Industrie.
Ihr Studium der Sozialwissenschaften und der Anthropologie – der „Wissenschaft vom Menschen“ – liefert dafür in mehrfacher Hinsicht wertvolle Impulse. „Unsere Systeme“, sagt Czarnecka, „sollen nicht nur auf technische Effizienz ausgerichtet sein, sondern auch ethische und menschliche Werte berücksichtigen.“ Gerade mit Blick auf Bildung und Lernen helfen anthropologische und sozialwissenschaftliche Prinzipien. „Durch die Integration ganzheitlicher, kreativer und ethischer Ansätze können wir Technologien entwickeln, die nicht nur funktional und effizient, sondern auch menschlich und nachhaltig sind“, betont sie.
Rico Bigelmann für POTENZIAL