Der Lichtgestalter: Bundesverdienstkreuz für Spektroskopiespezialisten Helmut Becker-Roß
Einer der brilliantesten Adlershofer Wissenschaftler verabschiedet sich in den Ruhestand. Zum Glück aber hat Dr. Helmut Becker-Roß vom Institute for Analytical Sciences (ISAS) seinen Wissensdurst noch lange nicht gestillt.
Wenn Becker-Roß von seinen hoch komplizierten Entwicklungen in der Spektroskopie, der Suche nach dem wirklich Neuen, möglichen Anwendungen und Projekten, „wo etwas herauskommen kann und muss“, erzählt, dann detailreich und mit enormer Begeisterung. Er verkörpert das, was man sich im besten Sinne unter einem Wissenschaftler vorstellt: Jemand, der versucht, neue Erkenntnisse in einen praktischen Einsatz münden zu lassen. Dass dies mehrfach gelungen ist, beweisen seine zahlreichen Patente, Publikationen, erfolgreich entwickelte und vermarktete Geräte. Viele davon sind gemeinsam mit Adlershofer Unternehmen, wie der LTB Lasertechnik Berlin GmbH oder der LLA Instruments GmbH, entstanden, und sichern unter anderem deren Existenz.
„Ich bin ‚gerätebaumäßig unterwegs‘“ sagt der jung gebliebene Becker-Roß, „und kann so Ingenieurswissenschaften und Physik miteinander verbinden. Die erste größere Entwicklung, an der er beteiligt war, – Infrarotspektrometer für zwei sowjetische Wettersatelliten – wurde Mitte der 70er-Jahre ins All geschickt. Höchst spannend sei das gewesen. Der Wissenschaftler interessierte sich im Anschluss auch für die Ergebnisse der Mission, immerhin hatte die Entwicklung mehr als zehn Jahre Zeit in Anspruch genommen.
Langer Atem und stetes Leben scheinen Becker-Roß’ Erfolgsrezept zu sein: Er zählt zu den Adlershofer „Urgesteinen“, startete seine berufliche Karriere 1966 im Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie (ZOS) der Akademie der Wissenschaften der DDR, promovierte hier 1971, überstand nach dem Mauerfall mit seiner Abteilung „Spektralanalyse“ und 34 Kollegen auch die Umstrukturierung der Adlershofer Forschungslandschaft, „ohne einen Mann zu verlieren“.
Helmut Becker-Roß stellte sich den neuen Herausforderungen offensiv: „Probleme mussten wir auch schon vor der Wende lösen.“ Er gründete 1990 mit Kollegen des ZOS die „Gesellschaft zur Förderung angewandter Optik, Optoelektronik, Quantenelektronik und Spektroskopie e. V. (GOS)“, einen gemeinnützigen Verein, der sich um Forschungsförderung und Projektträgerschaft bemüht. Bis heute arbeitet Becker-Roß hier als dessen Vorstand ehrenamtlich daran, Forschungsergebnisse in Unternehmen zu überführen. In den Jahren bis 1997 ging es vorrangig darum, Wissenschaftler in Lohn und Brot zu bringen. Ein Anliegen, das ihn nie losgelassen hat: Vor einiger Zeit begab er sich in Altersteilzeit, um einem potenziellen neuen Kollegen seine halbe Stelle im Institut „frei zu machen“. Die Direktion entschied anders.
Becker-Roß’ Bemühungen um den Erhalt des ISAS-Institutsteils in Berlin, sein selbstloses Ringen um Arbeitsplätze im eigenen Institut und bei den Adlershofer Unternehmen und nicht zuletzt die Qualität seiner wissenschaftlichen Arbeit wurden im Dezember 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz gewürdigt. Gerechnet hätte der bescheidene Wissenschaftler damit nie.
Für weitere fünf Jahre wird Helmut Becker-Roß an drei Tagen in der Woche vom heimischen Köpenick nach Adlershof radeln – so wie in den vergangenen 43 Jahren. Den Rest der Zeit füllen Enkelkinder, Theater- und Konzertbesuche und die wöchentlichen Proben des langjährigen Chorsängers in der St. Laurentius-Kantorei.
Peggy Mory
Link: www.isas.de