Exzellente Forscher in „Analytic City“: Untersuchungen vom Feuerwerkskörper bis zur Sprühsahne
Er ist nicht nur ein hervorragender Analytiker, sondern auch ein ausgezeichneter Wissenschaftsstratege: Ulrich Panne (45) leitet seit 2004 die Abteilung für Analytische Chemie an der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Und hat diese neu ausgerichtet. Er ist gleichzeitig auch Chemieprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und knüpft von Adlershof aus Netzwerke zwischen Industrie und Hochschule.
Adlershof Journal: Was würde sich in meinem Alltag ändern, wenn Analytische Chemiker Ihre Arbeit nicht tun würden?
Ulrich Panne: Eine Menge! Die meisten Gegenstände des täglichen Lebens haben mit Qualität und Sicherheit zu tun. Denken Sie an Weichmacher in Kunststoffen, die die Gesundheit beeinträchtigen können, oder an Materialfehler, die die Sicherheit gefährden können.
Was erforschen Sie?
Wir wollen die Sicherheit in Technik und Chemie verbessern. Um anspruchsvolle analytische Fragestellungen lösen zu können, entwickeln wir Methoden, Referenzmaterialien und Geräte. Damit gehen wir in die Anwendung und Normung, was vor allem kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommt. Die Analytische Chemie ist stark kundenbezogen. Die Ergebnisse haben große Bedeutung für die Wertschöpfung, sind aber auch relevant für gesellschaftspolitische Fragen wie Klimaschutz oder die Sicherheit von Lebensmitteln.
Welche Methoden werden hauptsächlich angewandt? Arbeiten Sie noch mit dem Reagenzglas?
In den Materialwissenschaften oder der Umweltchemie geht es meist um sehr geringe Gehalte. Bei Prozessen, die zu Schäden in Materialien führen, müssen oft atomare und molekulare Vorgänge aufgeklärt werden. Die klassischen nass-chemischen Methoden spielen deshalb heute keine große Rolle mehr. Ein modernes Analytik-Zentrum, wie wir es betreiben, stützt sich vorwiegend auf Massenspektrometrie und spektrochemische Methoden.
Dafür braucht man gut ausgebildete Spezialisten.
Unsere rund 200 Mitarbeiter starke Abteilung arbeitet bei Forschung und Ausbildung eng mit der HU zusammen. Die Analytische Chemie wird in Deutschland nur noch an wenigen Universitäten gelehrt. Die HU ist die einzige Universität, die dieses Fach in Berlin anbietet. Daher haben wir keine Probleme, ausreichend Bachelor-, Master- und Promotionsstudenten zu bekommen. Die Berufsaussichten sind für Chemiker generell gut, für Analytiker mit ihrer breiten Ausbildung gilt dies umso mehr. Unsere Absolventen bekommen sehr gute Angebote.
Ist es typisch für Adlershof, dass sich Forschung und Anwendung gegenseitig anregen?
Zweifellos. Wir haben hier nicht nur die naturwissenschaftlichen Universitätsinstitute, sondern auch viele Firmen, die instrumentellen Gerätebau betreiben. Zusammen mit der Firma LTB Lasertechnik Berlin GmbH bauen wir gerade ein gemeinsames Applikationslabor auf, um die instrumentelle und applikative Entwicklung der Plasmaspektroskopie (LIBS) voranzutreiben. Wir sind dabei, mit den Unternehmen, der Universität und außeruniversitären Partnern einen Verbund zu schmieden, um den Standort etwa bei der nächsten Exzellenzinitiative noch deutlicher zu positionieren. Adlershof soll eine „Analytic City“ werden, ein Kompetenzzentrum für Analytische Chemie.
Was reizt Sie an der Analytik?
Der starke Bezug zur Anwendung, interdisziplinäres Arbeiten, spannende Fragestellungen. So müssen beispielsweise 1.800 Grad heiße Glasschmelzen in industriellen Prozessen ebenso untersucht werden, wie die atomare Zusammensetzung des Ackerbodens, um gezieltes Düngen zu ermöglichen. Mit der Juniorprofessorin Janina Kneipp untersuchen wir die Veränderungen an Pollen, die Allergien hervorrufen können.
Die BAM baut auch neu?
Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich eine große Baugrube. Wir investieren 40 Millionen Euro. In dem Neubau mit Hörsälen und Technikum sollen etwa 100 weitere Mitarbeiter der BAM untergebracht werden.
Wie schaffen Sie es, an HU und BAM gleichzeitig aktiv zu sein?
Ich fühle mich beiden Einrichtungen zugehörig. Ich habe eine reduzierte Lehrtätigkeit an der HU, doch ohne die Unterstützung vieler Kollegen der BAM wäre es sicherlich nicht zu schaffen. Für mich ist es wichtig, mich in der Ausbildung zu engagieren und mit der Universität zu kooperieren.
Das Gespräch führte Paul Janositz
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