Genetische Fälscherbremse
Molekulare Codes auf DNA-Basis
Hätte ein Siegel den jüngsten Arzneimittelskandal in Panama verhindern können? Über 100 Menschen starben dort an einem tödlichen Hustensaft. Weil Medikamentenplagiate teils höhere Gewinnspannen als im Rauschgifthandel versprechen. Molekulare Codes aus Adlershof sollen Fälschern die Tat vereiteln.
Damit drin ist, was rein gehört
Für Sicherheitsexperte Marcus Weichert (34) ist der giftige Hustensaft-Vorfall in Zentralamerika ein weiterer trauriger Beweis, dass Markenschutz Pflicht sein sollte. “Originalhersteller sollten viel stärker in die Verantwortung genommen werden, insbesondere auch für die gesamte Warenkette“, fordert der junge Chef der identif GmbH, der auch schon politisch aktiv war und im Berliner Abgeordnetenhaus saß. Ende Januar hatte „Der Tagesspiegel“ berichtet, dass ein spanisches Handelsunternehmen kontaminiertes Glyzerin zu einem günstigen Preis aus China importiert, das Produkt nicht analysiert, aber die Etiketten ausgetauscht und das Verfallsdatum geändert hatte. An dem von der panamesischen Krankenkasse kostenlos verteilten Hustensaft starben 2006 und 2007 mindestens 119 Menschen, Tausende erlitten schwere Verletzungen.
Neben den Gefahren für die Gesundheit, schmälern Fälschungen den Umsatz betroffener Unternehmen und bedrohen ihr Image. Hersteller hochpreisiger Medikamente schützen daher ihre Produkte nicht nur rechtlich, sondern auch technologisch. Beispielsweise mit Codes auf Basis einer synthetischen DNA, die identif entwickelt. Diese werden auf die Verpackung aufgebracht und können so im weiteren Verlauf der Warenkette mit einem Lesegerät auf Echtheit überprüft werden. Zu den Kunden gehört die Pharmafirma Bristol-Myers Squibb, München, die die DNA-Codes für verschiedene hochwertige Spezialpräparate nutzt.
Spezialfolien mit Farbkippeffekt
„Die DNA-Tinte kann auch auf Zolldokumenten als Stempel verdruckt werden oder im Bereich Zugangskontrolle, z. B. für Mitarbeiterausweise zum Einsatz kommen“, erklärt Weichert andere Anwendungsmöglichkeiten. Mehr als 130 Patente hat identif zum Schutz vor Produktpiraterie angemeldet – neben den unsichtbaren auch sichtbare Markierungen. Das sind hauchdünne nanooptische Siegel. Marcus Weichert zeigt verschiedene Spezialfolien, die einen Farbkippeffekt erzeugen. Das heißt, bei Bewegung verändern sie ihre Farbe ähnlich wie die Kinderwackelbilder ihr Motiv wechseln können. Die Folien, die deutlich dünner als ein Menschenhaar sind, seien hitzebeständig und können mit dem Logo des Kunden bedruckt werden. Sie kleben auch auf den Kugellagern der FAG Kugelfischer. Es gebe zunehmend Anfragen von der Automobilzulieferindustrie, Textilunternehmen im Luxussegment, Uhren- und Schmuckherstellern. Seit identif, eine Ausgründung aus der börsennotierten november AG, Anfang dieses Jahres von der Adlershofer Recon Group gekauft wurde, blickt der 34-jährige Weichert optimistisch in die Zukunft. Während Recon Schwachstellen in der Sicherheit analysiert und den Vertrieb der Produkte übernimmt, kümmert sich identif um die Weiterentwicklung der Schutztechnologien. Geplant sei, die Mitarbeiteranzahl bei identif in diesem Jahr von sechs auf elf fast zu verdoppeln.
Link: www.identif.de