Hightechmetalle all'italiana
Werkstoff-Know-how aus dem ZMM
Seit März arbeitet die FORGITAL Germany GmbH im Zentrum für Mikrosysteme und Materialien (ZMM). Ihre Spezialitäten sind nahtlos gewalzte Ringe und Schmiedeteile aus verschiedensten Metalllegierungen sowie ultradünne, extrem widerstandsfähige Hartstoffbeschichtungen für verbesserte Verschleißfestigkeit. Mit ihrem Knowhow sind die Italiener in vielen Branchen gefragt – darunter in der Luftfahrt.
Auf Trent XWB ist Rolls-Royce besonders stolz. Das für den neuen Airbus A350 entwickelte Triebwerk gilt als bisher effizienteste Flugzeugturbine. Sie ist leichter, leiser und arbeitet bei höheren Verbrennungstemperaturen als alle Vorgänger. Der Schlüssel dazu sind laut Rolls-Royce neben eigenem Turbinen-Know-how „neueste Erkenntnisse der Werkstofftechnologie“.
Einer der Zulieferer, deren Werkstoff-Knowhow die effiziente Turbine ermöglicht hat, ist die italienische Forgital Group. „Wir liefern stark belastete, nahtlos gewalzte Titanringe und Baugruppen“, berichtet Sebastian Gottschalk, der das Büro der Forgital Germany GmbH in Berlin leitet.
An zwei Forschungs- und Entwicklungsstandorten in Norditalien sowie in Walz- und Schmiedewerken in Italien, Frankreich, Argentinien und Texas sind rund 1.000 Mitarbeiter mit der Entwicklung und Produktion von Hightechkomponenten aus allen erdenklichen Stahl-, Nickel-, Kobalt-, Kupfer- und Titanlegierungen sowie aus Aluminium beschäftigt. Dieses Know-how ist nicht nur in der Luftfahrt gefragt. Herkömmliche Metalle stoßen auch in der Tiefseeförderung von Erdöl und -gas, in Kraftwerksturbinen, Chemiefabriken oder auch in den Großgetrieben von Windkraftanlagen an ihre Grenzen. Hier sind Hightechmetalle und teils auch Hochleistungsbeschichtungen gefordert, die extremen mechanischen, thermischen und chemischen Angriffen trotzen. Forgital entwickelt und liefert sie.
„Bei der Entwicklung der Legierungen, Beschichtungen und der entsprechenden Umformtechnik ist es wichtig, die Materialstrukturen bis in den Nanometerbereich hinein zu verstehen“, erklärt Gottschalk, der selbst Materialwissenschaftler ist. Forgital habe ein eigenes Prüf- und Testzentrum, in dem die Entwickler jenes tiefe Detailwissen erwerben, auf dem dann die Modellierung der Komponenten und die ausgefeilten Prozessketten der Verarbeitung basieren.
Anfang März ist Gottschalk ins Adlershofer ZMM eingezogen. Mit einem kleinen Vertriebsteam möchte er von hier aus die Kontakte zu deutschen Kunden und potenziellen Forschungspartnern der Forgital Group auf- und ausbauen. Darunter Rolls-Royce im nur 15 km entfernten Dahlewitz. „Adlershof bot sich nicht nur wegen der Nähe zu diesem wichtigen Kunden, sondern auch wegen seiner Fülle an hochinteressanten Forschungseinrichtungen und Unternehmen an“, sagt er.
Zu bieten haben die Italiener schon vieles – seien es Fertigungs- und Prüfanlagen für höchste Genauigkeiten oder amorphe Kohlenstoffschichten, die Oberflächen per chemischer Gasphasenabscheidung diamantenähnliche Härte verleihen. Wo herkömmliche Metalle versagen, haben so beschichtete Werkstoffe noch jede Menge Reserven.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal