Immer wieder innovativ
Adlershof vom Motorflugplatz bis zur Mars-Kamera
Mit zahlreichen Veranstaltungen erinnert Adlershof im Jahr 2009 daran, dass dort vor hundert Jahren erstmals ein Motorflugzeug startete. Die Pioniere von damals standen am Beginn einer Entwicklung, in der sich Adlershof immer wieder neu erfand und dabei Erfindungen wie die Gleitsichtbrille und die Mars-Kamera hervorbrachte.
Für die Berliner war es eine Sensation, was sich am 26. September 1909 auf dem neu geschaffenen Flugfeld Johannisthal abspielte: Motorflugzeuge in der Reichshauptstadt! Zu Hunderttausenden pilgerten sie in der Folge in den Südosten der Stadt, um die „tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“ zu bestaunen und sich an den nicht seltenen spektakulären Unfällen zu ergötzen.
Der erste Flugtag vor hundert Jahren markiert den Beginn der Entwicklung von Adlershof-Johannisthal als Technologiestandort. Geprägt war diese von zahlreichen Innovationen. Denn immer wieder mussten die Handelnden auf veränderte wirtschaftliche und gesellschaftliche Umstände reagieren, immer wieder mussten sie Adlershof neu erfinden – und genau deshalb schufen sie Neuerungen, ohne die die Welt heute anders aussähe.
Filmklassiker wie „Nosferatu"
Die Flugzeugindustrie zum Beispiel, die im Ersten Weltkrieg einen raschen Aufschwung genommen hatte, erlitt mit Kriegsende einen herben Rückschlag. Darauf reagierten die Adlershofer Unternehmer flexibel: 1919 starteten sie den ersten deutschen Linienflugverkehr, der von Berlin nach Weimar, dem Tagungsort der Nationalversammlung, führte. Und als die siegreichen Alliierten die Produktion von Flugzeugen in Deutschland unterbanden, fand sich für die leer stehenden Hallen eine neue Nutzung: Die Johannisthaler Filmanstalten (Jofa) produzierten darin Klassiker wie "Nosferatu" und "Mutter Krausens Fahrt ins Glück".
Noch grundlegender neu positionieren musste sich Adlershof nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Forschungs- und Produktionsanlagen, in der Zwischenzeit wieder ganz auf Flugzeuge ausgerichtet, als Reparationen in die Sowjetunion transportiert wurden. In den intakten Gebäuden wurde nun wieder geforscht, in Gestalt der Akademie der Wissenschaften. Bald verzeichneten die Wissenschaftler große Erfolge – beispielsweise die Gleitsichtbrille und die bei den sowjetischen Satellitenexpeditionen verwendete Multispektralkamera.
Umbrüche und Konstanten
Obwohl Adlershof mit so vielen Brüchen fertig werden musste, zieht sich auch der eine oder andere rote Faden durch die Geschichte des Standorts. Die Medien etwa prägen ihn bis heute. Nach den Johannisthaler Filmwerken kam das Fernsehen der DDR, und als dieses der nächsten historischen Zäsur von 1989/90 zum Opfer fiel, fanden die Verantwortlichen im neuen politischen System auf die Erfolgsspur zurück – "Anne Will" statt "Aktueller Kamera“.
Eine Konstante blieb zudem die Affinität zur Luftfahrt: Die Mars-Kamera, deren Bilder seit 2004 die Welt faszinieren, wurde in Adlershof entwickelt. Ebenso die akustische Kamera, die Schall sichtbar macht, ein Früherkennungssystem für den schwarzen Hautkrebs und unzählige weitere Innovationen, die beweisen: In Adlershof hat sich eine lebendige Forschungslandschaft etabliert, die den Einschnitt der Wende nicht als Endpunkt, sondern als Impulsgeber verstanden hat.
Licht, Materialien & Modelle
Wie schon zur Blütezeit der Luftfahrtindustrie lebt Adlershof auch heute vom engen Austausch unter den ansässigen Unternehmen und Forschungsinstitutionen. "Innovationen durch Netzwerke" heißt denn auch das Motto einer Veranstaltungsreihe, die sich im Jubiläumsjahr mit den heutigen Forschungsschwerpunkten Licht, Materialien und Modelle auseinandersetzt und als Höhepunkt in ein Symposium am 7./8. September mündet. Dem Leitgedanken "Innovationen" folgt auch die „Lange Nacht der Wissenschaften“ am 13. Juni – zu der die Berliner, fast wie einst zu den Johannisthaler Flugtagen, zweifellos wieder in Massen nach Adlershof pilgern werden.