Mehr Leistung pro Fläche
FBH entwickelt innovative Transistorchips für Weltraum-Satelliten
Nahezu jeder Haushalt nutzt die Rechenleistung von modernen Hochleistungschips. Für spezielle Anwendungen suchen Forscher jedoch nicht nur nach immer kleineren und schnelleren Transistoren, sondern auch nach zuverlässigen Alternativen zu klassischen Siliziumchips. Am Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik, kommen neue Materialien und Designs auf den Prüfstand.
Für Satelliten werden äußerst robuste Schalttransistoren benötigt, die sowohl den rauen Umgebungsbedingungen im Weltraum standhalten, als auch hohe Leistungen schalten können. Die Transistoren sind im All extremen Temperaturen, Erschütterungen und Strahlungen ausgesetzt.
Standardtransistoren auf Siliziumbasis sind strahlungsempfindlich und müssen daher mit hohem technischem Aufwand geschützt werden. Transistoren auf Basis von Galliumnitrid (GaN) dagegen sind deutlich robuster und können als kompakte Systeme mit weniger Gewicht und Volumen realisiert werden. Ein entscheidender Vorteil, da jedes Gramm und jeder Quadratmillimeter Fläche im Weltraum als Kostenfaktor zählt.
GaN-Transistoren werden bislang vor allem in Mikrowellenanwendungen eingesetzt. Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) verfügt auf diesem Gebiet über langjährige Erfahrungen. Eine Arbeitsgruppe des Instituts arbeitet nun an der Übertragung dieser Technologie auf die GaN-Leistungselektronik für Weltraumanwendungen. Dies erfordert Anpassungen in Prozess und Design, mit denen sich die Doktorandin Rimma Zhytnytska beschäftigt.
Klassischerweise werden Transistoren auf Wärmesenken gelötet und mit winzigen Drähten elektrisch angeschlossen. Da diese Montagetechnik für Weltraumanwendungen zu störungsanfällig ist, greift Zhytnytska für ihren Prototyp auf die so genannte Flip-Chip-Technologie zurück, bei der Chip und Schaltungsträger mit einer großen Anzahl so genannter Bumps verbunden werden. Bumps sind kleine Kontaktierhügel, zumeist aus Weichlot, die direkt auf der Transistorfläche aufgebracht sind und sowohl eine elektrische wie auch mechanische Verbindung herstellen. „Die Wärmeverteilung und -ableitung ist ein kritischer Punkt bei Flip-Chip montierten Leistungstransistoren. Sie können die Wärme nur noch über die Bumps abführen, weshalb Temperaturunterschiede von mehreren zehn Kelvin auf dem Transistor entstehen können“, erklärt Zhytnytska.
Um Transistoren für hohe Schaltleistungen realisieren zu können, gruppierten die FBH-Forscher eine Vielzahl von kleineren Transistorzellen in einer Anordnung, die wie ein Schachbrett aussieht. Mit diesem Design wurde die Technologie erfolgreich auf sehr leistungsfähige Transistoren übertragen und nachgewiesen, dass sie grundsätzlich funktioniert. Im Hinblick auf die Wärmeverteilung erwies sich das Schachbrett-Design jedoch als verbesserungsfähig.
Deshalb entwickelten Zhytnytska und ihre Kollegen eine achteckige Struktur, bei der die Transistorzellen so um die Bumps gruppiert werden, dass sich die Wärmeableitung verbessert. Die kurze Entfernung der Transistorzellen zum nächsten Bump sorgt dafür, dass die sich einstellende Chiptemperatur möglichst gleichmäßig verteilt und die Wärme deutlich besser abgeführt wird. Die Temperaturdifferenz auf dem Chip verringerte sich um 30 Prozent gegenüber der Schachbrettanordnung. Auch wurde weniger Chipfläche verbraucht, wodurch der Leistungstransistor noch kleiner wurde.
„Für Galliumnitrid-Transistoren ist dieses Design hoch innovativ“, sagt Zhytnytska. „Wir haben das Material erstmals mit einer solch komplexen Anordnung getestet und den Leistungstransistor konsequent in Bezug auf thermische Eigenschaften optimiert.“ Mit dem neuen oktagonalen Design kann der Transistor zudem eine deutlich höhere Leistung pro Fläche erbringen und bietet die Voraussetzungen, die hohen Anforderungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit bei Weltraumanwendungen zu erfüllen.
Nun arbeitet die Gruppe an der Fertigung eines Prototypen, der dann umfangreiche Tests für den Weltraumeinsatz durchlaufen wird.
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Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik
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