Nokia in Adlershof
Softwareunternehmen Trolltech an finnischen Mobiltelefonhersteller verkauft
Ein erfolgreicher Deal, kein Ausverkauf: Stolz schwingt in der Stimme, wenn Matthias Ettrich, Berliner Chef der Trolltech GmbH, über den gerade ausgehandelten Übernahmevertrag des Unternehmens berichtet. Der finnische Mobiltelefonhersteller Nokia Corp. will den norwegischen Software-Entwickler Trolltech für umgerechnet rund 105 Mio. Euro kaufen. Das Trolltech-Management hat der Transaktion bereits zugestimmt, ebenso wie die Mehrheit der Trolltech-Aktionäre. Etwa im Sommer, so schätzt Ettrich, wenn alles planmäßig läuft, ist Trolltech dann ein Unternehmen der Nokia-Gruppe.
Plattform unabhängige Softwareentwicklungen
Für Ettrich, der in Tübingen Informatik studierte und anschließend als Chef der Entwicklungsabteilung Trolltech mit aufgebaut hat, ist es „ein großes Kompliment, dass Nokia unsere Technologie einsetzen möchte“. Diese und die Trolltech-Mannschaft werden eine wichtige Rolle bei der beschleunigten Implementierung der Software-Strategie Nokias spielen, war in einer Pressemitteilung des Handy-Giganten zu lesen.
Trolltech bietet cross-platform Frameworks für die Software-Entwicklung sowie Applikations-Plattformen. Vereinfacht ausgedrückt: „Wir machen Software-Programmierer produktiver. Mit unseren Werkzeugen und Bibliotheken ist es möglich, Quellcodes oder Anwendungen zu schreiben, die danach plattformunabhängig sind.“, erklärt er. Die entwickelte Software läuft nicht nur auf Desktopbetriebssystemen wie Microsoft Windows, Mac und Linux, sondern auch auf Mobiltelefonen, MP3-Playern oder sogar Kaffeemaschinen. Bekannter als der Firmenname seien bei den fast 6.000 Kunden Qt und Qtopia, die beiden Unternehmensprodukte. Google Earth ist z. B. eine Anwendung von Qt.
Daneben bietet Tolltech seine Produkte auch als Open Source Software. So können Nutzer, die selbst Open Source Software schreiben, Qt kostenlos verwenden. Wer anderseits seine Software nicht "quell-offen" vertreiben möchte, muss eine kommerzielle Nutzungslizenz erwerben. „Ungefähr die Hälfte aller Linus-Applikationen benutzt unsere Quellen“, erzählt Matthias Ettrich.
Mitarbeiter verdreifacht
Trolltech wurde 1994 in Oslo gegründet. Das Unternehmen verfügt über Niederlassungen in Kalifornien (USA), Brisbane (Australien), Beijing (China), Berlin und München (Deutschland). Seit 2006 gibt es die Trolltech-Dependance im Technologiepark Adlershof. „Wir sind der verlängerte Entwicklungsarm der Osloer Zentrale“, so Ettrich. Begonnen mit sechs Mitarbeitern, gehören heute 17 Informatikexperten zum Team. Probleme, neue Fachkräfte zu akquirieren, hat Ettrich bei der erstklassigen Ausbildungslandschaft Berlins nicht. Die jetzigen Büroflächen reichen nun nicht mehr aus: Am 1. April steht daher ein Umzug ins Adlershofer Europa-Center bevor, wo Trolltech 480 Quadratmeter angemietet hat. Ein kleiner Wehmutstropfen ist allerdings dabei: Ettrich wird den tollen Blick auf den Fernsehturm, den er momentan von der siebenten Etage des Informatikzentrums hat, vermissen. Künftig sieht er beim Blick aus dem Bürofenster die Thermokonstanten Kugellabore.
Traditionen
Zur Firmenphilosophie gehören Freiräume für die Mitarbeiter genauso wie soziales Miteinander. In der Osloer Zentrale wird traditionell Tischtennis gespielt, aber für eine TT-Platte waren die Adlershofer Räume zu klein. Da im Spätsommer 2006 Berlin nach der Weltmeisterschaft aber noch im Fußballfieber steckte, entschieden sich die IT-Spezialisten für einen Tischfußball-Kicker. Dieser steht im sogenannten Freizeitraum des Unternehmens und sorgt für Spaß und Abwechslung bei der „Kopfarbeit“. Tradition ist auch, dass die ganze Belegschaft am ersten Freitag nach dem Zahltag gemeinsam ein Bier trinken geht. Außerdem gibt es einmal jährlich eine Hüttentour nach Norwegen.
Wie eng die Verbindung zum Mutterhaus in Oslo auch außerhalb der Entwicklungsarbeit ist, wird z. B. an der Bezeichnung der einzelnen Bürozimmer deutlich. Diese heißen Majorstuen, Bislet oder Sinsen und entsprechen Osloer Stadtteilen.