Studieren ist keine Frage des Alters
Sie ist ihr eigener Boss, hat seit 17 Jahren ein gut funktionierendes Grafikbüro, abwechslungsreiche Aufträge. Britta Frenzel könnte zufrieden sein. Doch wo andere sich „eingerichtet“ haben, sitzt sie, angesteckt durch das Studium ihrer beiden erwachsenen Kinder selbst wieder im Hörsaal. An der Humboldt-Universität (HU) studiert sie Biologie mit Nebenfach Chemie.
Warum? „Es war schon immer mein Wunsch, Illustratorin für naturwissenschaftliche Projekte zu sein“, sagt die diplomierte Kommunikationsdesignerin. Das Interesse an Naturwissenschaften war auch einer der Gründe, sich hier im Adlershofer Technologiepark anzusiedeln, wo viele wissenschaftlich orientierte Unternehmen ihren Sitz haben. Um Unternehmen in Präsentationen und Veröffentlichungen visuell sichtbar zu machen, bedarf es einer intensiven Auseinandersetzung mit deren Themen und Inhalten. Das sei bei vielen Grafikagenturen ein Manko. Britta Frenzel will darum das im Studium erworbene Wissen über naturwissenschaftliche Vorgänge, Abläufe und deren Umsetzung mit ihren Kreativideen verknüpfen.
2008 hat sie einen von vier in diesem Studiengang für Zweitstudenten vorgehaltenen Platz bekommen und pendelt nun zwischen Job und Studium. Dank Teilzeitstudium habe sie statt sechs zwölf Semester Zeit bis zum Monobachelor, den sie in jedem Fall machen will. Nur etwa die Hälfte aller 80 pro Studienjahr für diesen Studiengang neu Immatrikulierten seien am Studienende noch dabei und schaffen den Abschluss. Beim Zweitstudium hingegen gebe es generell wenig Studienabbrecher, schätzt Dr. Steffan Baron, Abteilungsleiter der Studienabteilung der HU, ein. Die Motive fürs Zweitstudium sind vielfältig: Neben zwingenden, besonderen oder sonstigen beruflichen Gründen werde auch nach wissenschaftlichen und sonstigen Gründen unterschieden. Zweitstudiengebühren müssen nicht gezahlt werden.
Gutes Zeitmanagement
Das Studium macht Britta Frenzel großen Spaß, als Doppelbelastung empfindet sie es nicht. Nötig sei vor allem ein gutes Zeitmanagement: Eineinhalb Tage in der Woche sind der Uni vorbehalten, die anderen dreieinhalb Tage arbeitet sie im Grafikbüro im Adlershofer Gründerzentrum (IGZ). Die Kunden haben sich darauf eingestellt. Anfängliche Bedenken, ihr Kundenstamm könnte während des Studiums wegbrechen, haben sich nicht bestätigt. Außerdem hatte sie schon im Erststudium mit zwei kleinen Kindern Anfang der 1990er-Jahre gelernt, strukturiert zu arbeiten. Heute konzentriert sie sich auf einzelne Fächer. Bei einigen Themen wie anaerober und aerober Stoffwechsel bei Mikroorganismen hat sie durch Kundenprojekte wie zum Beispiel für Avantec – ein Unternehmen, das Biogasanlagen plant und realisiert – bereits einen praktischen Einblick erhalten. Andere Gebiete, wie die momentan anstehende Tierpsychologie und -morphologie, seien für sie neu.
Auf die Unterstützung durch ihren Mann, sowie ihre Kinder kann sie zählen. Und trotz Beruf und Studium bleibt auch noch Zeit für gemeinsame Unternehmungen. Mit ihrem Mann hat sie letztes Jahr einen Tauchkurs gemacht. Mit den Kommilitoninnen haben sich neue Freundschaften entwickelt.
Sylvia Nitschke