Page 17 - Adlershof Journal Juli/August 2015
P. 17
MEDIEN
1995 ruft ihn ein Kollege, den er aus den Augen verloren
hatte, aus heiterem Himmel an und bietet ihm den Musik-
lehrerjob an. Reimar Paschke muss nicht lange überlegen.
Das Angebot kommt zur rechten Zeit. Die Fliesenlegerfirma,
die Paschke in den Goldgräberzeiten nach der Wende grün-
dete, war unverschuldet in die Pleite gerutscht. Ein großer
Auftraggeber bezahlte seine Rechnungen nicht, ließ sie auf
sechsstelligen Außenständen sitzen. Geld musste her.
Wenn er nicht „on Tour“ ist, sitzt Paschke in seinem Studio
NPA Music im Souterrain der Musikschule und produziert
Hörbücher oder auch mal eine CD für den Klassikwunder-
knaben Mark Ehrenfried. Dessen Produzent aus Hamburg
hatte Paschke, den alle nur „Pascha“ nennen, angeru-
fen und ihn gebeten, Klaviermusik aufzuzeichnen. „Mark
Ehrenfried – ich hatte keine Ahnung, wer das ist“, erinnert
sich Paschke. Damals hatte der junge Pianist bereits eine
klassische Wunderkindkarriere hingelegt: erste öffent-
liche Konzerte mit sieben, TV-Auftritte, Medien- und
Klavierpreise, Konzerte im In-und Ausland. „Ein zweiter
Mozart“, hieß es.
Paschkes Technikaffinität und
Tonsicher: Berufsmusiker und Gesangslehrer Erfahrung hilft ihm auch
Reimar Paschke am Mikrofon beim Sängernachwuchs. „Ta-
lent braucht man schon“, sagt
Paschke. Mit seinen Schülern
– von denen viele auch „über die
Straße“ zu den Castings von „The Voice
of Germany“ weiterziehen, experimen-
tiert er, zeichnet im Unterricht auf, um
Fehler zu analysieren. Manchmal lässt
er sie im Studio einsingen und nimmt
dann die Begleitmusik weg. „Alle
zum Musikcoach anschließend ganz schockiert, wie sie
haben den ‚Flattermann’. Einige sind
klingen. Die Technik kann viel, aber das hilft
keinem.“
„Du gehst besser zum Tischtennis als zum Singen.“ Ein solches Urteil ist hart für den Sängernachwuchs, Sein neuestes Herzensprojekt hat er für den ganz
aber ehrlich vom Lehrer. Reimar Paschke kennt die Erwartungen der jungen Leute, die voller Enthusiasmus kleinen Nachwuchs produziert. „Marie und der Mond“ ist
zu ihm in die Musikschule und sein Studio bei NPA Music in Adlershof kommen. Karaoke sei kein Maßstab, eine CD mit 16 Gute-Nacht-Geschichten, geschrieben von
der Adlershofer Autorin Christine Balasch. Eingesprochen
sagt er. Trotzdem ist er für viele seiner jungen Sänger und Sängerinnen der beste Gesangslehrer der Welt. hat Paschke die Texte selbst. Wieder so ein Zufall. rb
B ester Lehrer der Welt, das mag auch daran liegen, dass es eine doch Lehrer an einer Musikschule geworden ist und hier später
seiner Schülerinnen bei der Sat1-Talentshow „Starsearch“ vor auch sein eigenes Tonstudio eingerichtet hat, ist purer Zufall.
einigen Jahren bis ins Finale geschafft hat. Der damals Bild oben: Lorena Aru an der Geige
Bild unten: Gesangsunterricht:
14-jährigen Carolin prophezeite Jurymitglied Hugo Egon Balder Wie vieles in Paschkes Leben. „Stoff für ein ganzes Buch“, schmun- Marie Tilgner ist Paschkes Schülerin
nach ihrer Viertelfinalperformance des „Bee Gees“-Klassikers zelt er. Baufacharbeiter mit Abitur, Begleitmusiker am Deutschen
„Night Fever“, dass es „demnächst“ eine CD von ihr geben würde. Theater, als die den aufmüpfigen Werther von Plenzdorf spie-
len, Galas vor der DDR-Staatsführung, Tanzmusik in Nachtbars
Reimar Paschke selbst macht schon immer Musik. „Die Minne- und Hotels, Gründer und Geschäftsführer einer Fliesenleger- ANZEIGE
sänger“ hieß seine erste Band. In einer Zeit, in der die Rolling firma, Playbacklieferant für „Deutschland sucht den Superstar“
Stones, die Beatles oder die Troggs die Charts dominierten, und der „letzte, der vom Mauerfall erfahren hat“, wie er selbst
spielte die Gruppe deren Songs. Lehrer zu werden wie seine sagt. Damals spielte Paschke mit seiner Tanzmusikband vor
Eltern, das war nie eine Berufsalternative für Paschke. Er den Genossen der Staatssicherheit in Beelitz. Genau am
studiert Musik an der Musikschule im Friedrichshain. „Wenn 9. November. Als er einen neuen Auftrittstermin mit dem ver-
man Berufsmusiker werden wollte“, sagt er, „war das DIE Schule. antwortlichen Major vereinbaren wollte, winkte der ab mit der
Bands wie Puhdys, Karat – alle waren hier.“ Das er nun irgendwie Bemerkung: „Die Mauer ist offen.“
16 Adlershof Journal | Juli_August 2015 Adlershof Journal | Juli_August 2015 17
1995 ruft ihn ein Kollege, den er aus den Augen verloren
hatte, aus heiterem Himmel an und bietet ihm den Musik-
lehrerjob an. Reimar Paschke muss nicht lange überlegen.
Das Angebot kommt zur rechten Zeit. Die Fliesenlegerfirma,
die Paschke in den Goldgräberzeiten nach der Wende grün-
dete, war unverschuldet in die Pleite gerutscht. Ein großer
Auftraggeber bezahlte seine Rechnungen nicht, ließ sie auf
sechsstelligen Außenständen sitzen. Geld musste her.
Wenn er nicht „on Tour“ ist, sitzt Paschke in seinem Studio
NPA Music im Souterrain der Musikschule und produziert
Hörbücher oder auch mal eine CD für den Klassikwunder-
knaben Mark Ehrenfried. Dessen Produzent aus Hamburg
hatte Paschke, den alle nur „Pascha“ nennen, angeru-
fen und ihn gebeten, Klaviermusik aufzuzeichnen. „Mark
Ehrenfried – ich hatte keine Ahnung, wer das ist“, erinnert
sich Paschke. Damals hatte der junge Pianist bereits eine
klassische Wunderkindkarriere hingelegt: erste öffent-
liche Konzerte mit sieben, TV-Auftritte, Medien- und
Klavierpreise, Konzerte im In-und Ausland. „Ein zweiter
Mozart“, hieß es.
Paschkes Technikaffinität und
Tonsicher: Berufsmusiker und Gesangslehrer Erfahrung hilft ihm auch
Reimar Paschke am Mikrofon beim Sängernachwuchs. „Ta-
lent braucht man schon“, sagt
Paschke. Mit seinen Schülern
– von denen viele auch „über die
Straße“ zu den Castings von „The Voice
of Germany“ weiterziehen, experimen-
tiert er, zeichnet im Unterricht auf, um
Fehler zu analysieren. Manchmal lässt
er sie im Studio einsingen und nimmt
dann die Begleitmusik weg. „Alle
zum Musikcoach anschließend ganz schockiert, wie sie
haben den ‚Flattermann’. Einige sind
klingen. Die Technik kann viel, aber das hilft
keinem.“
„Du gehst besser zum Tischtennis als zum Singen.“ Ein solches Urteil ist hart für den Sängernachwuchs, Sein neuestes Herzensprojekt hat er für den ganz
aber ehrlich vom Lehrer. Reimar Paschke kennt die Erwartungen der jungen Leute, die voller Enthusiasmus kleinen Nachwuchs produziert. „Marie und der Mond“ ist
zu ihm in die Musikschule und sein Studio bei NPA Music in Adlershof kommen. Karaoke sei kein Maßstab, eine CD mit 16 Gute-Nacht-Geschichten, geschrieben von
der Adlershofer Autorin Christine Balasch. Eingesprochen
sagt er. Trotzdem ist er für viele seiner jungen Sänger und Sängerinnen der beste Gesangslehrer der Welt. hat Paschke die Texte selbst. Wieder so ein Zufall. rb
B ester Lehrer der Welt, das mag auch daran liegen, dass es eine doch Lehrer an einer Musikschule geworden ist und hier später
seiner Schülerinnen bei der Sat1-Talentshow „Starsearch“ vor auch sein eigenes Tonstudio eingerichtet hat, ist purer Zufall.
einigen Jahren bis ins Finale geschafft hat. Der damals Bild oben: Lorena Aru an der Geige
Bild unten: Gesangsunterricht:
14-jährigen Carolin prophezeite Jurymitglied Hugo Egon Balder Wie vieles in Paschkes Leben. „Stoff für ein ganzes Buch“, schmun- Marie Tilgner ist Paschkes Schülerin
nach ihrer Viertelfinalperformance des „Bee Gees“-Klassikers zelt er. Baufacharbeiter mit Abitur, Begleitmusiker am Deutschen
„Night Fever“, dass es „demnächst“ eine CD von ihr geben würde. Theater, als die den aufmüpfigen Werther von Plenzdorf spie-
len, Galas vor der DDR-Staatsführung, Tanzmusik in Nachtbars
Reimar Paschke selbst macht schon immer Musik. „Die Minne- und Hotels, Gründer und Geschäftsführer einer Fliesenleger- ANZEIGE
sänger“ hieß seine erste Band. In einer Zeit, in der die Rolling firma, Playbacklieferant für „Deutschland sucht den Superstar“
Stones, die Beatles oder die Troggs die Charts dominierten, und der „letzte, der vom Mauerfall erfahren hat“, wie er selbst
spielte die Gruppe deren Songs. Lehrer zu werden wie seine sagt. Damals spielte Paschke mit seiner Tanzmusikband vor
Eltern, das war nie eine Berufsalternative für Paschke. Er den Genossen der Staatssicherheit in Beelitz. Genau am
studiert Musik an der Musikschule im Friedrichshain. „Wenn 9. November. Als er einen neuen Auftrittstermin mit dem ver-
man Berufsmusiker werden wollte“, sagt er, „war das DIE Schule. antwortlichen Major vereinbaren wollte, winkte der ab mit der
Bands wie Puhdys, Karat – alle waren hier.“ Das er nun irgendwie Bemerkung: „Die Mauer ist offen.“
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