Page 18 - Adlershof Journal Juli/August 2015
P. 18
CAMPUS
Starthilfe für
die Forscherkarriere
Wie geht es weiter nach dem Master oder der Doktorarbeit? In solchen
Fragen unterstützt die Humboldt-Universität zu Berlin den wissen-
schaftlichen Nachwuchs mit Rat – und finanziellen Mitteln. Auch die
Physikerin Sylvia Schikora hat davon profitiert.
D as Labor von Sylvia Schikora und ihren Kollegen im Erdge- gruppe benötigt, kostspielige Vorbereitungen zur Installation
schoss des Lise-Meitner-Hauses wirkt auf den ersten Blick unge- des Versuchsaufbaus zu treffen. Gearbeitet wird im Vakuum mit
ordnet: Kartons und Alufolien liegen herum, Kabel führen in eine Laserlicht, das durch optische Resonatoren aus Saphir stabil ge-
große Metallröhre, die auf einem Drehtisch auf massivem Beton- halten wird. Um unerwünschte Messabweichungen etwa durch
fundament ruht. Die Arbeitsgruppe „Optische Metrologie“ von Wärmebewegungen von Teilchen zu vermeiden, werden die
Professor Achim Peters ist mit dem merkwürdig anmutenden Resonatoren zudem mithilfe von Flüssighelium auf etwa minus
Aufbau einer zentralen Frage der theoretischen Physik experi- 260 Grad Celsius tiefgekühlt. Eine große Herausforderung ist
mentell auf der Spur: Ist die Geschwindigkeit des Lichts konstant, auch das Herausfiltern äußerer Störfaktoren. „Das könnte schon
unabhängig von der Richtung, in die es strahlt, so wie es Albert ein leichtes Vibrieren durch ein draußen vorbeifahrendes Auto
Einstein bei der Formulierung der speziellen und allgemeinen sein“, sagt die Postdoktorandin. Auch deshalb wird die
Relativitätstheorie annahm? Wer eine Abweichung von der so- Konstruktion durch ein in den Boden eingelassenes Betonfun-
genannten Lorentzinvarianz im Experiment messen würde, dem dament stabilisiert.
wäre ein Nobelpreis sicher, das glaubt auch Schikora. Ein solches
Ergebnis könnte der Schlüssel sein, die bislang nicht vereinbaren Für die Physikerin, die ihre Doktorarbeit über „Optische Chaos-
Welten der Relativitäts- und der Quantentheorie zusammenzu- kontrolle von Halbleiterlasern“ verfasste, ist das Gebiet der
führen. Oder es könnte dazu beitragen, dass ganze Theorienge- Lorentztests neu. „Mir gefällt der umfassende, manchmal fast ins
bäude neu errichtet werden müssen. Philosophische reichende theoretische Ansatz dahinter.“ Selbst
wenn ihr Experiment ein sogenanntes Nullergebnis brächte –
Die Frage der Richtungsabhängigkeit der Lichtgeschwindig- keine Abweichung von der Richtungsunabhängigkeit der Licht-
keit beschäftigte schon vor etwa 150 Jahren den Physiker Albert geschwindigkeit – hofft sie auf einen praktischen Nutzen: „Die
Michelson. „Er hat nicht weit von hier, in einem Keller in Potsdam, Technologie könnte dazu beitragen, eines Tages präzisere, auf
seine Experimente gemacht“, erzählt Schikora. „Und prinzipiell Lasertechnik basierende Atomuhren zu bauen. Und die Herstel-
ist unser Versuchsaufbau dem damaligen sehr ähnlich.“ Schema- ler von GPS-Geräten wären sicher erleichtert, schließlich stützen
tisch lässt sich das so beschreiben: Zwei Lichtstrahlen werden in sich ihre Ortsbestimmungen auch auf die Relativitätstheorie.“
einer rotierenden Apparatur in zueinander senkrechter Richtung
geführt und dann über einen halbdurchlässigen Spiegel über- Die Postdocstelle hat Schikora auch der Humboldt-Universität
lagert. Wenn auf beiden Wegen der Teilstrahlen das Licht eine zu verdanken, die den wissenschaftlichen Nachwuchs mit viel-
leicht unterschiedliche Geschwindigkeit hätte, wären im überla- fältigen Aktivitäten fördert. Als die junge Physikerin ihren Antrag
gerten Signal Abweichungen feststellbar. für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) schrieb und
das Geld fehlte, bewarb sie sich um ein Humboldt Scholarship,
Während Michelson und sein Kollege Edward Morley 1887 bis zur das die Uni jährlich an etwa 20 Bewerber vergibt. Sie bekam das
achten Stelle nach dem Komma keine Abweichung nachweisen Scholarship und wurde sechs Monate gefördert. „Das Stipendi-
konnten, sind ihre Nachfolger in Adlershof dank fortgeschritte- um hat die Zwischenfinanzierung gesichert, bis der Antrag fertig
ner Technik schon weiter vorgedrungen. „Wir wollen die 19. und und genehmigt war“, sagt sie. Bis 2017 wird Schikora nun von der
vielleicht die 20. Nachkommastelle anschauen“, sagt Schikora. DFG gefördert.
Sylvia Schikora, Postdoktorandin am Ein Jahr soll das Experiment dauern. Zwei Jahre hat die Arbeits-
HU-Institut für Physik, beschäftigt weiter auf Seite 20
sich mit Fragen der Richtungsab-
hängigkeit der Lichtgeschwindigkeit
18 Adlershof Journal | Juli_August 2015 Adlershof Journal | Juli_August 2015 19
Starthilfe für
die Forscherkarriere
Wie geht es weiter nach dem Master oder der Doktorarbeit? In solchen
Fragen unterstützt die Humboldt-Universität zu Berlin den wissen-
schaftlichen Nachwuchs mit Rat – und finanziellen Mitteln. Auch die
Physikerin Sylvia Schikora hat davon profitiert.
D as Labor von Sylvia Schikora und ihren Kollegen im Erdge- gruppe benötigt, kostspielige Vorbereitungen zur Installation
schoss des Lise-Meitner-Hauses wirkt auf den ersten Blick unge- des Versuchsaufbaus zu treffen. Gearbeitet wird im Vakuum mit
ordnet: Kartons und Alufolien liegen herum, Kabel führen in eine Laserlicht, das durch optische Resonatoren aus Saphir stabil ge-
große Metallröhre, die auf einem Drehtisch auf massivem Beton- halten wird. Um unerwünschte Messabweichungen etwa durch
fundament ruht. Die Arbeitsgruppe „Optische Metrologie“ von Wärmebewegungen von Teilchen zu vermeiden, werden die
Professor Achim Peters ist mit dem merkwürdig anmutenden Resonatoren zudem mithilfe von Flüssighelium auf etwa minus
Aufbau einer zentralen Frage der theoretischen Physik experi- 260 Grad Celsius tiefgekühlt. Eine große Herausforderung ist
mentell auf der Spur: Ist die Geschwindigkeit des Lichts konstant, auch das Herausfiltern äußerer Störfaktoren. „Das könnte schon
unabhängig von der Richtung, in die es strahlt, so wie es Albert ein leichtes Vibrieren durch ein draußen vorbeifahrendes Auto
Einstein bei der Formulierung der speziellen und allgemeinen sein“, sagt die Postdoktorandin. Auch deshalb wird die
Relativitätstheorie annahm? Wer eine Abweichung von der so- Konstruktion durch ein in den Boden eingelassenes Betonfun-
genannten Lorentzinvarianz im Experiment messen würde, dem dament stabilisiert.
wäre ein Nobelpreis sicher, das glaubt auch Schikora. Ein solches
Ergebnis könnte der Schlüssel sein, die bislang nicht vereinbaren Für die Physikerin, die ihre Doktorarbeit über „Optische Chaos-
Welten der Relativitäts- und der Quantentheorie zusammenzu- kontrolle von Halbleiterlasern“ verfasste, ist das Gebiet der
führen. Oder es könnte dazu beitragen, dass ganze Theorienge- Lorentztests neu. „Mir gefällt der umfassende, manchmal fast ins
bäude neu errichtet werden müssen. Philosophische reichende theoretische Ansatz dahinter.“ Selbst
wenn ihr Experiment ein sogenanntes Nullergebnis brächte –
Die Frage der Richtungsabhängigkeit der Lichtgeschwindig- keine Abweichung von der Richtungsunabhängigkeit der Licht-
keit beschäftigte schon vor etwa 150 Jahren den Physiker Albert geschwindigkeit – hofft sie auf einen praktischen Nutzen: „Die
Michelson. „Er hat nicht weit von hier, in einem Keller in Potsdam, Technologie könnte dazu beitragen, eines Tages präzisere, auf
seine Experimente gemacht“, erzählt Schikora. „Und prinzipiell Lasertechnik basierende Atomuhren zu bauen. Und die Herstel-
ist unser Versuchsaufbau dem damaligen sehr ähnlich.“ Schema- ler von GPS-Geräten wären sicher erleichtert, schließlich stützen
tisch lässt sich das so beschreiben: Zwei Lichtstrahlen werden in sich ihre Ortsbestimmungen auch auf die Relativitätstheorie.“
einer rotierenden Apparatur in zueinander senkrechter Richtung
geführt und dann über einen halbdurchlässigen Spiegel über- Die Postdocstelle hat Schikora auch der Humboldt-Universität
lagert. Wenn auf beiden Wegen der Teilstrahlen das Licht eine zu verdanken, die den wissenschaftlichen Nachwuchs mit viel-
leicht unterschiedliche Geschwindigkeit hätte, wären im überla- fältigen Aktivitäten fördert. Als die junge Physikerin ihren Antrag
gerten Signal Abweichungen feststellbar. für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) schrieb und
das Geld fehlte, bewarb sie sich um ein Humboldt Scholarship,
Während Michelson und sein Kollege Edward Morley 1887 bis zur das die Uni jährlich an etwa 20 Bewerber vergibt. Sie bekam das
achten Stelle nach dem Komma keine Abweichung nachweisen Scholarship und wurde sechs Monate gefördert. „Das Stipendi-
konnten, sind ihre Nachfolger in Adlershof dank fortgeschritte- um hat die Zwischenfinanzierung gesichert, bis der Antrag fertig
ner Technik schon weiter vorgedrungen. „Wir wollen die 19. und und genehmigt war“, sagt sie. Bis 2017 wird Schikora nun von der
vielleicht die 20. Nachkommastelle anschauen“, sagt Schikora. DFG gefördert.
Sylvia Schikora, Postdoktorandin am Ein Jahr soll das Experiment dauern. Zwei Jahre hat die Arbeits-
HU-Institut für Physik, beschäftigt weiter auf Seite 20
sich mit Fragen der Richtungsab-
hängigkeit der Lichtgeschwindigkeit
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